Digitalisierung: Einzelhandel muss sich lokal stärker vernetzen

Nur ein Drittel der Einzelhändler setzt allein auf stationären Handel. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) glaubt, dass Austausch, Begegnung und Eventcharakter für den stationären Handel an Bedeutung gewinnen.

Foto: Jannis Mattar/dpa

Düsseldorf. 2017 war das erste Jahr, in dem die meisten Händler in Deutschland auf verschiedenen Vertriebskanälen tätig waren. Nach Angaben von Boris Hedde, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung, setzte rund ein Drittel der Händler allein auf stationären Handel, 16,9 Prozent waren nur online aktiv und mehr als 51 Prozent arbeiteten auf mehreren Kanälen. Heddes Schlussfolgerung: „Die Sensibilisierung des Einzelhandels für die Digitalisierung ist abgeschlossen.“ Während der Einzelhandel insgesamt im vergangenen Jahr beim Umsatz die 500-Milliarden-Euro-Grenze erreichte, bewegt sich der Umsatz des Onlinehandels inzwischen knapp unterhalb von 50 Milliarden Euro. „Jeder zehnte Euro geht digital über die Theke“, sagte Hedde in Düsseldorf anlässlich eines Projektaufrufs für innovative Projekte im Einzelhandel. Und ein Ende der zweistelligen Wachstumsraten sei noch nicht abzusehen.

Der Einzelhandel macht zehn Mal mehr Umsatz als der Onlinehandel.

Foto: Patrick Seeger

Die Bedeutung ist erkannt, aber welche Strategie die richtige ist, damit der stationäre Einzelhandel die digitale Herausforderung übersteht, dazu werden die Antworten noch gesucht. Es gibt kommunale Bündelungsversuche wie die „Online-City Wuppertal“, um lokalen Händlern neue Vertriebskanäle zu eröffnen. Aber kommunale Marktplatz-Ideen im Netz kämpfen mit den großen Platzhirschen wie Amazon und Ebay, die zusammen schon mehr als die Hälfte des Online-Marktplatzgeschäftes abdecken. „Amazon-Prime-Kunden kommen überhaupt nicht mehr in die Versuchung, woanders zu kaufen“, sagt Hedde.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) glaubt, dass Austausch, Begegnung und Eventcharakter für den stationären Handel an Bedeutung gewinnen. Sein Beispiel aus Leipzig: ein alteingesessenes Modegeschäft, das mittlerweile mehr an der Stilberatung als am Verkauf verdiene. Dort würden auch keine Einzelhandelskaufleute mehr eingestellt, sondern Mitarbeiter aus dem Tourismus, weil diese besser auf Menschen zugehen könnten.

Entscheidend, so Pinkwart, sei auch, wie der Handel auf die ältere Bevölkerung zugehe, die möglichst lange zu Hause wohnen wolle, aber zum Einkaufen nicht mehr vor die Tür komme. „Brauchen wir dazu Amazon oder kann das auch der kleinere Einzelhandel kooperativ lösen?“ Vom „Zeitalter der Kooperation“ spricht auch Forscher Hedde. Die Kundenzentrierung sei der Schlüssel zu Erfolg. „Was tue ich, um das Leben meiner Kunden einfacher und schöner zu machen?“

Einen solchen Weg versucht seit gut zwei Jahren Langenfeld mit seiner „Future City“. Dort arbeiten Händler, Konsumenten, Stadt und Wissenschaft an Lösungsmodellen. So gibt es inzwischen eine Parkfunkkarte, die kostenloses Parken in den Parkhäusern an Einkäufe in der Stadt bindet. Zugleich wird an der digitalen Sichtbarkeit der Einzelhändler durch Google-Integration gearbeitet.