Ehemalige Aktionäre der HRE scheitern vor Gericht
München (dpa) - Der Rauswurf der Aktionäre bei der umstrittenen Verstaatlichung der Immobilienbank Hypo Real Estate war mit dem Grundgesetz vereinbar. Das entschied das Oberlandesgericht München am Mittwoch.
Auch einen Verstoß gegen das Aktien- oder Europarecht sah das Gericht in dem Zwangsausschluss nicht. Es wies die Berufungsklage mehrerer ehemaliger HRE-Aktionäre am Mittwoch ab (Az: 7 U 711/11).
Die Notlage der HRE im Herbst 2008 habe das Finanzsystem bedroht und das Vorgehen des Bundes gerechtfertigt. Es sei keine Enteignung der Anleger gewesen, argumentierte der 7. Senat. Damit sind die Aktionäre nach einer Schlappe vor dem Landgericht München nun auch in der höheren Instanz gescheitert. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof ließen die Richter nicht zu. Die HRE stand in der Finanzkrise vor dem Abgrund und ist weiter in staatlicher Hand.
Die HRE war nach Milliardenhilfen gegen den Widerstand vieler Aktionäre verstaatlicht worden. Als der Bund über den Bankenrettungsfonds Soffin mehr als 90 Prozent an der HRE hielt, brachte er auf einer turbulenten Hauptversammlung im Oktober 2009 den Zwangsausschluss der letzten Anleger mit seiner Stimmenmehrheit durch. Gegen den Beschluss zu diesem sogenannten Squeeze Out waren die Anleger vor Gericht gezogen.
Von 38 Klägern in der ersten Instanz blieben in der zweiten aber nur weniger als zehn übrig, weil sie nach den klaren Worten der Richter in der ersten Instanz die Kosten für das weitere Verfahren scheuten. Zur Urteilsverkündung erschienen - anders als in früheren Prozessen - gar keine Aktionäre mehr, um mit Transparenten gegen die Verstaatlichung zu protestieren. „Ich glaube, dass da inzwischen viele frustriert sind“, sagte die Rechtsanwältin Daniela Bergdolt, die in der ersten Instanz einen Kläger vertreten hatte, der Nachrichtenagentur dpa. Viele Aktionäre hätten gedacht, dass ihnen mit der Zwangsverstaatlichung zwar großes Unrecht geschehen sei, dieses durch die Gerichte aber korrigiert werden könnte. Diese Hoffnung schwinde nun.
Normalerweise sind für einen Squeeze Out 95 Prozent der Aktien nötig, im Fall HRE genügten durch geänderte Gesetzesgrundlagen aber 90 Prozent. Diese Sonderregelung sorgte bei den Anlegern für massive Kritik. Bei der Hauptversammlung im Oktober 2009 warfen sie dem Bund Diebstahl und Enteignung vor. Das OLG sah darin aber kein verbotenes Einzelfallgesetz. Wegen der vielen Wortmeldungen aufgebrachter Aktionäre hätte die Hauptversammlung aus Sicht mehrerer Kläger zudem auf zwei Tage ausgedehnt werden müssen. Auch diese Einschätzung teilte das Gericht nicht. „Die eintägige Hauptversammlung ist die Regel“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Kainz.
Der Richter hatte den Aktionären schon zu Beginn der Verhandlung vor dem OLG im Juni wenig Hoffnung auf einen Erfolg ihrer Klage gemacht. Für die Aktionäre sei es zweifellos unangenehm gewesen, aus dem Unternehmen gedrängt zu werden, sagte er. „Das Squeeze Out ist durchaus eine grausame Maßnahme.“ Angesichts der Notlage der HRE war die Vorgehensweise des Bundes aus Sicht des OLG aber angemessen. „Ohne staatliche Hilfsmaßnahmen wären zahlreiche Finanzinstitute insolvent geworden mit der Folge eines vollständigen Zusammenbruchs des Finanzsektors und einer damit zusammenhängenden Rezession“, begründete das Gericht die Entscheidung. Aus diesen Gründen hatte zuvor auch das Landgericht München die Klage abgewiesen.
Die Anleger hatten für ihre Aktien eine Abfindung von 1,30 Euro je Anteil erhalten und dadurch zum Teil Zigtausend Euro gegenüber dem Kaufpreis der Papiere verloren, die früher im Dax gelistet waren. Zahlreiche Anleger klagen in anderen Prozessen vor dem Landgericht München auf Schadenersatz. Eine Entscheidung in diesen Verfahren gibt es noch nicht.