Einen Kaffee zur Tankfüllung, bitte
Neben dem klassischen Geschäft boomt der Verkauf von Getränken, Lebensmitteln und Tabak.
Düsseldorf. Was ist die Aufgabe einer Tankstelle? Autofahrer mit Sprit zu versorgen — sollte man meinen. Doch im wirklichen Leben ist das nicht so klar. Welche Bedeutung das Standbein „Shopgeschäft“ mit dem Verkauf von Kaltgetränken, Kaffee, Lebensmitteln und Tabak für die Tankstellenpächter mittlerweile hat, erläutert Stefan Brok, Vorstand von Aral: „Im vergangenen Jahr waren rund 60 Prozent aller Verkaufsvorgänge an unseren 1225 gesellschaftseigenen Stationen reine Shopkäufe. Rund 30 Prozent der Verkäufe beschränkten sich auf Kraftstoffe und zehn Prozent entfielen auf Tanken und Einkaufen zugleich.“
Bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Düsseldorf betonte Brok aber auch, dass auch das Kerngeschäft trotz gefallener Spritpreise für Aral erfolgreich verlaufen sei. Der Absturz der Kraftstoffpreise habe für gute Geschäfte gesorgt. Zwar sei die Ertragsmarge mit ein bis zwei Cent pro Liter in etwa gleich geblieben, die Kunden hätten aber mehr getankt und auch in den Tankstellenshops kräftiger zugelangt.
An allen Aral-Stationen — insgesamt sind es 2485 — habe der Kraftstoffverkauf bei rund 7,2 Millionen Tonnen gelegen. Darunter 2,8 Millionen Tonnen Ottokraftstoffe und gut 4,4 Millionen Tonnen Dieselkraftstoffe. Nachdem das erste Halbjahr wegen der hohen Benzinpreise schwächer gelaufen sei, habe das letzte Quartal mit seinen ab Oktober fast täglich vermeldeten neuen Tiefstständen für Ausgleich gesorgt. Was soviel heißt wie: bei sinkenden Spritpreisen fuhren die Menschen auch wieder mehr Auto. Auch hätten Piloten- und Lokführerstreiks an den entsprechenden Tagen zu höherem Kraftstoffabsatz geführt.
Grund für den aus Verbrauchersicht positiven Preisrückgang bei den Kraftstoffen sei der Preisverfall beim Rohöl gewesen, betonte Brok. Und nicht etwa die Marktransparenzstelle. Diese sorgt seit etwas mehr als einem Jahr dafür, dass sich Verbraucher in Echtzeit via Internet über aktuelle Kraftstoffpreise in ihrer Umgebung informieren können.
Das Bundeskartellamt hatte die Markttransparenzstelle im vergangenen November in einer ersten Jahresbilanz als erfolgreich bezeichnet. Innerhalb einer Stadt könne ein Verbraucher im Schnitt bis zu 20 Cent sparen, wenn er die günstigste Tankstelle zum günstigsten Zeitpunkt anfährt. Brok hingegen weist darauf hin, dass auch die Tankstellenpächter dieses Instrument nutzten. Weil auch sie sich in Echtzeit über den Preis der Konkurrenz informieren könnten und „dafür nicht erst mit dem Fahrrad losfahren müssten“, würden sich die Preise noch schneller verändern. Brok: „Dabei standen drei bis vier Senkungen, die sich auf einen durchschnittlichen täglichen Senkungsbetrag von zehn Cent summierten, einer Erhöhung um den gleichen Betrag gegenüber.“
Aral stelle sich langfristig auf einen rückläufigen Markt für Kraftstoffe ein. Auch wenn die Neuzulassungen im Jahr 2014 um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen seien, würden sparsamere Motoren und technische Verbesserungen langfristig den Kraftstoffabsatz weiter nach unten treiben.
Das ist freilich kein Grund zum Klagen. Auch Brok will das nicht öffentlich tun. Er verweist aber auf den scharfen Wettbewerb der Tankstellen und den gestiegenen Druck auf deren Wirtschaftlichkeit. Der Branchenprimus will daher nach 85 Millionen Euro im vergangenen Jahr auch in diesem Jahr weitere 77 Millionen Euro „in die Qualität unseres Tankstellennetzes investieren“. Der Manager scheut in diesem Zusammenhang nicht einmal vor dem großen Wort „Erlebnistankstelle“ zurück. Derzeit werde mit ReweToGo ein neues Shopkonzept getestet.
Und da ist auch das Standbein Autowäsche: 15 Millionen mal waren 2014 die Aral-Waschanlagen im Einsatz und brachten es laut Brok auf einen Umsatz von 96,4 Millionen Euro.
An den Tankstellen aber geht es längst nicht mehr hauptsächlich darum, Flüssigkeit durch Tankrüssel laufen zu lassen. Denn da sind ja auch viele durstige Kehlen. Der Absatz von Heißgetränken stieg im vergangenen Jahr an den Aral-Stationen um 2,6 Prozent auf 30,2 Millionen Tassen. Fast wie ein großer Kaffeehausbesitzer darf sich Brok fühlen, wenn er sagt: „Mit rund 85 000 verkauften Kaffees pro Tag bleiben die Aral-Tankestellenunternehmer größter ,Coffee to go’- Anbieter Deutschlands.“ In diesem Sinne empfehle er den Pächtern, die Chance aufs Zusatzgeschäft zu nutzen, auch wenn es nicht jedermanns Sache sei, den Kunden bei Begleichung der Tankrechnung anzusprechen: „Möchten Sie noch einen Kaffee?“