Eon und RWE kämpfen um die Zukunft
Essen/Düsseldorf (dpa) - Deutschlands größte Versorger Eon und RWE verlieren in der Energiewende Milliarden - die Stromriesen fahren scharfe Sparprogramme, kürzen Jobs und suchen dringend nach alternativen Geschäftsideen.
Eon hat sich für eine Abspaltung von Gas, Kohle und Atomkraft entschieden - RWE behält alles unter einem Dach. Die wichtigsten Baustellen:
RÜCKGANG BEI DER KONVENTIONELLEN STROMERZEUGUNG
Mit seinen Gas- und Kohlekraftwerken verdient RWE wegen des Absturzes der Börsenstrompreise immer weniger Geld. Doch gleichzeitig werden fossile Anlagen gebraucht, um die Versorgungssicherheit in Zeiten der noch schwankenden Ökostrom-Einspeisung zu gewährleisten.
Das Ergebnis aus der Stromerzeugung schrumpfte bei den Essenern 2014 um fast ein Drittel auf knapp eine Milliarde Euro. Eon verdiente mit 2,2 Milliarden Euro zwar etwas mehr Geld als im Vorjahr. Dies lag aber unter anderem an Sondereffekten wie der gesparten Brennstoffsteuer durch die vorzeitige Abschaltung des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld.
Auf zahlreiche Kraftwerke im Ausland schrieb Eon Milliarden ab - das ist die Hauptursache für den Rekordverlust unterm Strich für 2014. Die Düsseldorfer prüfen zusammen mit drei kommunalen Versorgern die Stilllegung eines Gaskraftwerks im bayerischen Irsching - einer der modernsten Anlagen in ganz Europa. Die Branche fordert Geld für das Bereithalten von Energie in windarmen und dunklen Zeiten. Das habe nichts mit „Hartz IV“ für Kraftwerke zu tun, sagte Eon-Chef Johannes Teyssen zu einer Aussage von SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
KAUM ENTLASTUNG FÜR DIE STROMKUNDEN
Die Stromkunden merken von den Tiefstpreisen an der Strombörse wenig, die Verbraucherpreise haben bei vielen Anbietern zuletzt nur ganz leicht nachgegeben. Nach Schätzungen des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz dürfte die Ökostrom-Umlage - sie macht rund 18 Prozent des Strompreises von Haushaltskunden aus - für die Endverbraucher und Unternehmen im nächsten Jahr aber nicht merklich steigen. Und Eon hat versichert, die dreistelligen Millionenkosten für den Firmenumbau nicht auf den Strompreis aufzuschlagen.
SPAREN UND ABBAUEN
RWE spart an Sachausgaben und Personal und verkauft Beteiligungen oder ganze Firmen wie seine Öltochter Dea. Der Mitarbeiterstand schrumpfte dadurch bis Ende 2014 um rund 5000 auf knapp 60 000 Vollzeitstellen. Das Sparprogramm wurde von 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2015 auf 2 Milliarden Euro bis 2017 verlängert und aufgestockt. Weitere 1200 Jobs sollen in den nächsten Jahren wegfallen. Ähnlich bei Eon: 10 500 Jobs bauten die Düsseldorfer in den vergangenen Jahren ab, 1500 weitere Stellen sollen 2015 noch gekappt werden.
NUR LANGSAMES WACHSTUM BEI DEN ERNEUERBAREN
Die großen Hoffnungen auf sichere Gewinne durch die erneuerbaren Energien haben sich zunächst nicht erfüllt. 2014 schrumpfte bei RWE das Ergebnis aus der Sparte sogar um fast ein Zehntel - unter anderem, weil in Spanien Fördersätze drastisch gekürzt wurden.
2015 hofft RWE auf deutlich wachsende Gewinne, weil zwei große Windparks vor Wales und Helgoland voll ans Netz gehen. Auch Eon setzt auf mehr Einkünfte aus der Windkraft. Schon 2014 gab es hier einen deutlichen Zuwachs. Kritiker wie Greenpeace sehen die deutschen Konzerne aber in einer unnötig teuren Aufholjagd: Sie hätten die Wende zum Ökostrom verschlafen und müssten nun die Konsequenzen tragen.
ZWANG ZU INNOVATIONEN
Mit kundennahen Angeboten wollen sich die Versorger retten. Doch das Geschäft ist kleinteilig, die Einnahmen sind nicht mit den satten Kraftwerksgewinnen von früher zu vergleichen. Mehrere hunderttausend „Smart Home“-Anlagen zur Steuerung von Licht und Heizung im Eigenheim hat RWE verkauft.
Da mehr Privatleute auch Strom erzeugen, brauchen sie Speicher und Leitungen. Auch „Smart Metering“ - die bedarfsgenaue Messung und Abrechnung nach variablen Tarifen anstelle pauschaler Abschläge - ist ein Thema. Um für diesen Technologiesprung fit zu sein, ändert Eon seine Struktur radikal: Erneuerbare Energien, Netze und Kundenlösungen stehen im Mittelpunkt. Konventionelle Erzeugung, globaler Energiehandel sowie die Erkundung von Öl- und Gasvorkommen werden komplett ausgelagert. Die Aufspaltung des Konzerns kostet erst mal wieder Geld: einen dreistelligen Millionenbetrag.
HOLPRIGER ATOMAUSSTIEG
Nach dem Schock von Fukushima vor genau vier Jahren traf der bis 2022 beschlossene Atomausstieg die Stromkonzerne auf dem falschen Fuß. Sie hatten auf Laufzeit-Verlängerung für ihre profitablen Kernkraftwerke gesetzt - nun vollzog die Bundesregierung unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan die Rolle rückwärts.
Eon forderte wegen entgangener Gewinne 380 Millionen Euro Schadenersatz für das dreimonatige Atom-Moratorium nach dem Erdbeben und Tsunami, RWE 235 Millionen. Auch gegen die Steuer auf Kernbrennstoffe wehren sich die Unternehmen. Umstritten bleibt die Finanzierung des Rückbaus der Nuklearanlagen: Kritiker befürchten, dass die Rücklagen der Konzerne für die milliardenteuren Arbeiten nicht ausreichen könnten.