Erbitterter Streit: Kirch trifft auf Breuer
München (dpa) - Neun Jahre nach der spektakulären Pleite seines Medien-Imperiums ist Leo Kirch zum ersten Mal vor Gericht mit dem früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer zusammengetroffen.
Der 84 Jahre alte Kirch macht den Ex-Manager und die größte deutsche Bank für den Zusammenbruch seiner Firmen-Gruppe verantwortlich und streitet seit Jahren erbittert um milliardenschweren Schadenersatz. Nach gut eineinhalb Stunden brach der Vorsitzende Richter Guido Kotschy die Vernehmung des schwer kranken Kirchs auf Anraten von dessen Arzt allerdings ab und will Kirch nun später wieder laden. Das Verfahren geht am 20. Mai weiter.
Der im Rollstuhl sitzende Kirch war kaum in der Lage zu sprechen. Nur mit Hilfe seiner langjährigen Mitarbeiterin Gertrude Barrera-Vidal, die auch eine Erklärung Kirchs verlas, konnte er die Fragen des Senats zur Vorgeschichte des Falls beantworten. Breuer folgte der Befragung zunächst ohne größere Regung - meist mit verschränkten Armen. Beide würdigten sich kaum eines Blickes. Im Laufe des Tages wurden auch der Kirch-Vertraute Dieter Hahn und der frühere Deutsche-Bank-Manager Michael Cohrs vernommen. Der Ausgang des Verfahrens ist offen, auch wenn Kotschy nach mehr als acht Stunden Befragungen zumindest auf den möglichen Ausgang hinwies.
Kirch wirft der Bank und Breuer vor, die Pleite seines Konzerns verschuldet zu haben. Breuer hatte wenige Monate vor der Pleite der Kirch-Gruppe 2002 in einem Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Nach dem Interview hätten die Banken kein Geld mehr gegeben, meint Kirch. Auch wenn Breuer das Interview inzwischen bereut, weisen er und die Bank die Vorwürfe zurück. „Was ich gesagt habe, war die Wahrheit und allgemein bekannt“, sagte Breuer zum Auftakt vor vier Wochen. Die schlechte Lage der hoch verschuldeten Mediengruppe sei damals längst öffentlich diskutiert worden.
Das Gericht will in dem Verfahren vor allem klären, ob es angesichts von Vorgesprächen über eine Zusammenarbeit zwischen Bank und Kirch ein sogenanntes „vorvertragliches Verhältnis“ zwischen Bank und KGL Pool gab, in der Kirch 17 seiner Firmen gebündelt hatte. Daraus könnte sich ein Schadenersatzanspruch ableiten lassen. Das Gericht sehe nach dem derzeitigen Stand aber kein solches Verhältnis, sagte Kotschy am frühen Abend. „Damit ist nicht gesagt, dass die Klage unbegründet ist“, sagte der Richter und riet beiden Seiten dringend, sich ohne das Gericht auf einen Vergleich zu einigen.
Das Gericht konzentriert sich nun auf die Frage, ob Breuer Kirch mit dem Interview „vorsätzlich sittenwidrig geschädigt“ habe - ein relativ schwer beweisbares Delikt. Kirchs Anwalt Peter Gauweiler gab sich aber zuversichtlich, dass man damit Erfolg haben könne. Dabei wird es auch um die Frage gehen, ob das Interview möglicherweise Teil eines Plans der Bank gewesen sein könnte, um Druck auf Kirch zu machen, um die Unternehmensgruppe dann beraten zu können. Die Bank und Breuer haben dies stets zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hatte 2006 festgestellt, dass Kirch grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz zustehen könnte. In ihrem Urteil gingen die Bundesrichter dabei vor allem auf die Printbeteiligungs GmbH ein, in der Kirch seinen Anteil am Springer-Konzern gebündelt hatte und warfen Breuer auch eine Pflichtverletzung vor. In einem ersten Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche für die Printbeteiligungs GmbH war Kirch jüngst vor dem Landgericht München I gescheitert - und will dagegen vorgehen.
In dem jetzt vor dem Oberlandesgericht stattfindenden Prozess war Kirch im März 2009 - ebenfalls vor dem Landgericht München I - mit dem Versuch, Schadenersatz für die KGL Pool zu bekommen, gescheitert. Eine Beweisaufnahme hatte es damals allerdings nicht gegeben. Dies hatte Richter Kotschy bereits zu Beginn des Prozesses vor vier Wochen kritisiert. Nach einer Reihe von Niederlagen kann Kirch nun weiter auf einen Erfolg gegen Breuer und die Bank hoffen. Allerdings dürfte der Streit auch nach einem Urteil auf jeden Fall weiter gehen.