Bessere Kontrollen gefordert Ermittler spüren 2433 Mindestlohn-Verstöße auf

München (dpa) - Die Behörden haben im ersten Halbjahr 2433 Ermittlungsverfahren wegen nicht gezahlter Mindestlöhne eingeleitet - deutlich mehr als vor einem Jahr.

Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag und über die die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) zuerst berichtete.

In den ersten sechs Monaten des Vorjahres waren es nur 1711 Ermittlungsverfahren. Im ersten Halbjahr 2017 wurden insgesamt 27 323 Arbeitgeber kontrolliert, im Vorjahreszeitraum 19 564. Verantwortlich für die Verfolgung von Mindestlohn-Verstößen ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls.

Die meisten Verfahren wurden im ersten Halbjahr 2017 mit 205 im Bereich des Erfurter Zolls eingeleitet, gefolgt vom Magdeburger Zoll mit 166, dem in Berlin mit 110, Darmstadt (99), Karlsruhe (87), Bielefeld (85) und Augsburg, Schweinfurt und Stralsund (jeweils 84). 757 Fälle betrafen den Bau, 426 das Gaststättengewerbe.

Bei den Überraschungsbesuchen der FKS-Einsatzkräfte werden neben Verstößen gegen den Mindestlohn von 8,84 Euro und gegen Branchenmindestlöhne auch andere Vergehen von Arbeitgebern kontrolliert.

Wegen Nichteinhalten des Mindestlohns wurden 2017 bisher Bußgelder von rund 19 Millionen Euro fällig. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte der SZ, die FKS prüfe verstärkt mit dem Ziel, mehr als früher die Branchen ins Visier zu nehmen, in denen am ehesten mit Verstößen zu rechnen sei.

Die Grünen-Arbeitnehmerrechtsexpertin Beate Müller-Gemmeke, die die Anfrage gestellt hatte, sagte: „Die Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kontrollen wegen dem Mindestlohn erhöht werden müssen.“ Es würden zwar mehr Kontrollen durchgeführt, aber immer noch weniger als 2014, als der Mindestlohn noch gar nicht galt. Von 7200 Planstellen bei der FKS seien über 900 nicht besetzt. „Die große Koalition hat mehr Personal bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit versprochen“, sagte sie, „passiert ist aber nichts.“

Die Politikerin warnte unter Berufung auf die Regierungsantwort zugleich vor Plänen von Union und FDP, etwas gegen die Pflichten der Arbeitgeber zur Dokumentation von Arbeitszeiten tun zu wollen. „Die Dokumentationspflicht ist für eine effektive Kontrolle notwendig.“

Auch der DGB forderte mehr Kontrolleure. „Wo nicht kontrolliert wird, steigt die Gefahr, dass Beschäftigte um ihren Lohn geprellt werden“,
sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der „Saarbrücker Zeitung“ (Freitag). Nötig sei eine Aufstockung der Planstellen auf 10 000.