26-Jahres-Tief Erstmals seit 1991 weniger als 2,5 Millionen Arbeitslose
Nürnberg (dpa) - Der Frühjahrsaufschwung und die boomende Wirtschaft haben die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Mai erstmals seit 26 Jahren unter die 2,5-Millionen-Marke gedrückt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren in dem Monat 2,498 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit.
Das sind 71.000 weniger als im April und 166.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,2 Punkte auf 5,6 Prozent. Auch ohne den Saisoneffekt wäre die Mai- Erwerbslosigkeit gesunken. Zuletzt hatte die Zahl der Erwerbslosen im April 1991 die Marke von 2,5 Millionen unterschritten.
BA-Vorstandschef Detlef Scheele zeigte sich mit der jüngsten Entwicklung zufrieden und hob das Rekordtief ausdrücklich hervor: „Ich finde, dass man über eine Arbeitslosenzahl unter 2,5 Millionen nicht einfach hinweggehen sollte“, betonte er. Er gehe davon aus, dass bis zur Sommerpause die Arbeitslosigkeit weiter sinkt.
Für Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sind die Zahlen „der beste Beweis für die erfolgreiche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik dieser Bundesregierung“. Es gebe keinen Widerspruch zwischen besseren Arbeitsbedingungen und höherer Beschäftigung. „Wir können beides: Mindestlohn, Tarifstärkung, vernünftige Rahmenbedingungen für Leiharbeit und Werkverträge, anständige Chancen für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge“, betonte sie in einer Mitteilung ihres Ministeriums knapp vier Monate vor der Bundestagswahl.
Würde man auch jene Jobsucher zur amtlichen Arbeitslosigkeit dazu zählen, die derzeit an Aus- und Fortbildungskursen sowie Trainingsmaßnahmen der Arbeitsagenturen und Jobcenter teilnehmen, waren in Deutschland im Mai allerdings eine Million mehr Menschen auf Arbeitssuche - nämlich 3,526 Millionen. Fachleute sprechen von der so genannten Unterbeschäftigung. Der entsprechende Wert ist zwar im Mai leicht gesunken, wegen der großen Zahl von Flüchtlingen in Integrations- und Aufbaukurse aber deutlich höher als noch vor ein paar Jahren.
Die Zahl der offiziell als arbeitslos registrierten Flüchtlinge stagniert seit Monaten bei rund 180.000. Die Zahl der Asylsuchenden, die als arbeitssuchend eingestuft sind, lag dagegen im Mai - mit steigender Tendenz - bei 484.000. Die meisten werden derzeit noch auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet. Nicht enthalten sind in der BA-Arbeitslosenstatistik rund 100.000 Asylbewerber, denen nach der Ablehnung ihres Asylantrags kaum Chancen auf einen Verbleib in Deutschland eingeräumt wird, wie ein Bundesagentur-Experte am Vortag in einem BA-Presseseminar eingeräumt hatte.
Erste Lichtblicke sieht BA-Chef Detlef Scheele derweil beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, habe im Mai bei 910.000 gelegen, sagte er. Das seien 97.000 weniger als vor einem Jahr. „Diese Entwicklung ist zwar nicht befriedigend - es sind immer noch zu viele. Aber es gibt einen stetigen Abwärtstrend“, betonte Scheele. Den Betroffenen mangele es häufig an der erforderlichen Ausbildung. Viele Langzeitarbeitslose suchten daher eine Stelle als Hilfskraft. Doch nur 17 Prozent der Jobs, die der BA gemeldet werden, seien Helferberufe.
Um mehr Langzeitarbeitslosen eine Jobperspektive zu bieten, setzt Scheele künftig auf eine intensivere Betreuung. Dabei sollten stärker die sozialen und familiären Verhältnisse der Betroffenen berücksichtigt werden. Wichtig seien auch häufigere Kontakte der Vermittler mit ihnen. Um Jobcenter besser personell auszustatten, müsse die künftige Bundesregierung das seit 2013 bei 6,5 Milliarden gedeckelte Jobcenter-Budget aufstocken. „Das thematisiere ich bei meinem Gesprächen in Berlin jedes Mal. Da bin ich sehr beharrlich“, sagte Scheele.
Wie rund es auf dem Arbeitsmarkt läuft, verdeutlichen jüngste Beschäftigungsdaten: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der Erwerbstätigen im April saisonbereinigt auf 43,98 Millionen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von 652.000. Noch stärker gewachsen ist die Zahl sozialversicherungspflichtiger Stellen. Diese stieg nach einer Hochrechnung der Bundesagentur von Februar auf März saisonbereinigt um 48.000 auf 31,93 Millionen. Das waren 734.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der freien Stellen im Mai bezifferte die BA mit 714.000, rund 60.000 mehr als vor einem Jahr.