EU-Freihandelsabkommen mit USA umstritten

Luxemburg/Berlin (dpa) - Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über die größte Freihandelszone der Welt können möglicherweise nicht wie geplant noch in diesem Sommer beginnen. Frankreich verweigerte am Freitag in Luxemburg die Zustimmung zu einem Verhandlungsmandat für die EU-Kommission, die die Gespräche mit der US-Regierung führen soll.

Paris drohte mit einem Veto, sofern der Kulturbereich mit Film- und Musikproduktion nicht ausdrücklich von den Verhandlungen ausgenommen werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte sich für das Freihandelsabkommen mit den USA stark. Sie werde sich „mit vollem Einsatz für ein Mandat für ein solches Handelsabkommen einsetzen“, sagte Merkel in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Überall dort, wo wir Freihandelsabkommen haben, wächst der Handel, die Wirtschaft wächst, und das ist ein Beitrag zu mehr Wachstum.“ Das Abkommen dürfte auch Gesprächsthema beim G8-Treffen ab Montag in Nordirland sein.

Der irische Wirtschaftsminister Richard Bruton mühte sich am Freitagabend im Kreis der 27 EU-Handelsminister, doch noch eine für Frankreich und die anderen EU-Regierungen akzeptable Kompromissformel zu finden. Frankreichs Forderung nach der „kulturellen Ausnahme“ bei den Verhandlungen mit Washington wird von den meisten anderen EU-Regierungen abgelehnt. Sie fürchten, dass die USA dann andere für die EU interessante Bereiche von den Verhandlungen ausnehmen werden.

„Frankreich lehnt diesen Mandatsentwurf ab. Es lehnt jedes Mandat ab, das keinen Schutz kultureller Dienstleistungen und keinen klaren und ausdrücklichen Ausschluss des audiovisuellen Bereichs enthält“, sagte Handelsministerin Nicole Bricq. Sie warf ihren Kollegen vor, das „grundlegende, konstituierende europäische Prinzip“ der „kulturellem Ausnahme“ infrage zu stellen: „Und Sie tun es mit einem Partner, der die Welt in der audiovisuellen Produktion beherrscht.“

Frankreichs Regierungschef Jean-Marc Ayrault hatte am Dienstag ein Veto angedroht, falls die „kulturelle Ausnahme“ nicht auch für die Freihandelsgespräche mit den USA gelten solle.

Die EU-Kommission und die meisten anderen EU-Regierungen sahen dies anders. Sie wollen ebenfalls die heimischen Kulturschaffenden schützen und daher entsprechenden Passagen im Mandatsentwurf zustimmen. Sie sind aber dagegen, den gesamten Bereich von vornherein aus den Verhandlungen auszuklammern. Wichtig sei, dass das volle Potenzial der Freihandelszone ausgeschöpft werde - was nicht gehe, wenn die USA als Antwort auf die „kulturelle Ausnahme“ ihrerseits Wirtschaftsbereiche ausnehme.

Nach Schätzung der Kommission brächte eine Freihandelszone EU/USA mit 800 Millionen Menschen für Europa 400 000 neue Arbeitsplätze und ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent jährlich.

Die Staatssekretärin im deutschen Wirtschaftsministerium, Anne Ruth Herkes, sagte, die französischen Anliegen seien „in sehr eleganter Weise“ in den Entwurf für das Verhandlungsmandat der Kommission aufgenommen worden. „Jetzt muss Frankreich sich ein bisschen bewegen.“

Nach bisherigen Planungen sollten die Verhandlungen im Juli oder spätestens August beginnen, um 2015 abgeschlossen zu werden. Bereits in diesem Jahr sind drei Verhandlungsrunden vorgesehen. Diplomaten sagten, es bestehe in der Sache kaum ein Dissens zwischen den EU-Regierungen: Alle seien daran interessiert, die kulturelle Unterschiedlichkeit zu erhalten.