Euro-Rettungsfonds kommt - Finanzminister beraten Schuldenkrise
Luxemburg/Athen (dpa) - Meilenstein für die Euro-Sanierer: Der neue dauerhafte Rettungsschirm wird an diesem Montag aufgespannt.
Am Dienstag reist Bundeskanzlerin Angela Merkel dann nach Athen, um mit der Regierung von Antonis Samaras zu beraten, wie eine drohende Staatspleite Griechenlands abgewendet werden kann. Über die Gespräche mit den internationalen Geldgebern verlautete in Athen, dass es Fortschritte, aber keine Einigung über neue Einsparungen gebe.
Experten von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) - die sogenannte Troika - werden am Montag in Luxemburg die Euro-Finanzminister über den Stand der Dinge informieren. Die EZB lehnt einseitige Hilfen für Griechenland ab.
Aus dem Umfeld der Troika sickerte durch, dass möglichst bis zum 15. Oktober die Verhandlungen abgeschlossen sein soll. Die Hoffnung ist, dann beim EU-Gipfel am 18. und 19. Oktober in Brüssel zumindest „etwas Positives“ vorzulegen. Bis Ende November soll die dringend benötigte Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro freigegeben werden. Nach Angaben von Samaras reicht das Geld in der Staatskasse noch bis dahin.
Die Gespräche mit der Troika gehen voraussichtlich an diesem Dienstag weiter, wie die Nachrichtenagentur dpa aus dem Finanzministerium in Athen erfuhr. Es gebe Fortschritte. „Dies aber bedeutet noch nicht, dass das Sparprogramm unter Dach und Fach ist“, sagte eine Mitarbeiterin des Ministeriums am Sonntag. Die bisherigen Verhandlungen seien „sehr gut und produktiv“ verlaufen, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde nach Angaben ihres Büros in Washington im saudi-arabischen Riad.
Der Besuch Merkels in Athen bedeutet nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht, dass die Griechen jetzt mit weiteren Hilfszahlungen rechnen können. „Nein, die Bundeskanzlerin wird nicht über den Gegenstand mit Griechenland sprechen, den die Troika zu berichten hat“, sagte Schäuble in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Die Troika müsse erst berichten ob Griechenland seine Verpflichtungen aus dem Hilfsprogramm erfülle. „Darum geht's, der Rest ist ein bisschen Fantasie.“
Mit massiven Sicherheitsvorkehrungen bereitet sich Athen auf den Besuch der Bundeskanzlerin vor. 7000 Polizisten aus allen Teilen des Landes werden in der Hauptstadt zusammengezogen. Deutsche Einrichtungen wie die Botschaft und das Goethe-Institut werden nach Informationen griechischer Medien besonders geschützt. In der Bevölkerung kocht die Wut über die Sparauflagen, für die vor allem die Politik der Bundesregierung verantwortlich gemacht wird.
Die größten Gewerkschaften des Landes haben einen dreistündigen Streik mit einer Großdemonstration im Zentrum Athens angekündigt.
Vor der Reise Merkels warnten SPD und Grüne vor Überheblichkeit. Europarlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ermahnte sie, nicht als „reicher Onkel“ in Athen aufzutreten. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte Merkel auf, den Griechen zu erklären, „dass sie auf dem harten, vor ihnen liegenden Weg auf die europäische Solidarität zählen können“.
Erleichterungen auf dem Sanierungskurs Griechenlands lehnte das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen in der „Bild am Sonntag“ klar ab: „Wir können weder die Laufzeiten für griechische Anleihen verlängern noch die Zinsen senken.“ Es sei „kein Selbstläufer“, dass Griechenland im November Geld erhalte.
Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ droht Griechenland seine langfristigen Sanierungsziele zu verfehlen. „Die Griechen laufen auf einen Schuldenstand von 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 zu“, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Verhandlungskreise. Angepeilt sind 120 Prozent.
Asmussen sieht trotz der lockeren Geldpolitik in der Schuldenkrise keine Inflationsgefahr für die Eurozone. „Nach unseren Prognosen wird bereits im nächsten Jahr die Inflation wieder unter die 2-Prozent-Marke sinken“, sagte Asmussen der „Bild am Sonntag“.
Der Chef des dauerhaften Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, forderte die Krisenländer zu weiteren Reformen auf. „Meine größte Sorge ist, dass einige Krisenländer nicht die politische Kraft haben, den schmerzhaften, aber wirksamen Reformkurs bis zum Ende durchzuhalten“, sagte Regling der „Rheinischen Post“.
Der ESM wird an diesem Montag in Luxemburg aus der Taufe gehoben. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) löst den zeitlich begrenzten Rettungsschirm EFSF ab. Der neue Fonds kann Hilfen von bis zu 500 Milliarden Euro geben. Um das Volumen zu erreichen, wird er auf Dauer mit 700 Milliarden Euro ausgestattet.
Auch die Euro-Finanzminister tagen dann in Luxemburg. Es geht neben Griechenland um Portugal, das um ein Jahr mehr Zeit für die Budgetsanierung bittet.
Im Falle Spaniens wird seit Wochen über einen neuen Hilfsantrag der Regierung in Madrid spekuliert - bisher ist noch nichts in Brüssel eingegangen. Die Ministerrunde erwartet vom spanischen Kollegen Luis de Guindos einen Ausblick auf das Budget 2013.
In Spanien gingen am Sonntag erneut Zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen den Sparkurs der Regierung zu protestieren. Insgesamt waren Demonstrationen in 57 spanischen Städten geplant.