Die Gaspipeline in der Ostsee wächst weiter
Am Montag wird die zweite Röhre eröffnet. Betreiber Gazprom plant zwei zusätzliche Stränge.
Lubmin/Moskau. Stacheldraht und Überwachungskameras sichern eines der wichtigsten Energieprojekte Europas. Hier in Lubmin, im äußersten Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns, endet die 1224 Kilometer lange Gaspipeline Nord Stream durch die Ostsee, die den begehrten Rohstoff von Russland nach Deutschland bringt. Seit einem Jahr ist Nord Stream in Betrieb, am Montag öffnet der zweite Strang der Röhre. Auf 55 Milliarden Kubikmeter Gas verdoppelt sich nun das mögliche Jahresvolumen. Doch das soll bei weitem nicht alles sein — das Firmenkonsortium, an dem der russische Staatskonzern Gazprom die Mehrheit hält, hat weitreichende Pläne.
Bereits jetzt prüft Nord Stream die Möglichkeit eines dritten und gar vierten Strangs — sprich eine Jahresleistung von bis zu 110 Milliarden Kubikmeter. Sollten die Eigner grünes Licht geben, brächte das vor allem dem russischen Energieriesen Gazprom einen Gewinn: Transitländer wie Weißrussland, Ukraine und Polen müssten um Durchleitungsgebühren bangen, wenn der Staatskonzern künftig die Gasströme noch flexibler lenken kann.
Zusammen mit der geplanten Schwarzmeerleitung South Stream, deren Bau noch 2012 beginnen soll, wächst der russische Einfluss auf den europäischen Energiemarkt noch einmal deutlich. Doch Kritiker fragen, ob soviel Gas nötig sei. Seit November 2011 flossen nach Angaben von Nord Stream rund 8,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas durch den ersten Strang der Ostseepipeline. Damit war die Leitung zu einem Drittel ausgelastet. Diese Zahl entspreche den Erwartungen, meint Projektdirektor Henning Kothe. Vielmehr betont Nord Stream die Perspektive der Leitung. Energiewende in Deutschland, Vorrang von Wind- und Solarenergie und Investitionsscheu — der Gasbedarf werde steigen.