Euro-Schuldenkrise: Ganz Europa blickt auf Slowakei

Bratislava (dpa) - Die slowakische Regierung droht an der Entscheidung über den Euro-Rettungsschirm zu zerbrechen. Vor der Abstimmung der Slowakei hat Premierministerin Iveta Radicova ihr politisches Schicksal in einem dramatischen Appell an das Parlament mit einem Ja für den Rettungsfonds verknüpft.

Ohne grünes Licht aus Bratislava können auch die 16 anderen Euro-Länder die Erweiterung des EFSF nicht umsetzen. Bei einem Nein könnte das slowakische Parlament aber noch ein zweites Mal abgestimmen.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte derweil, die Krise der Eurozone habe eine „systemische Dimension“ erreicht. Der Bundesverband deutscher Banken verwies darauf, dass trotz neuer Diskussionen über Bankenrettungspakete die deutschen Sparer nicht um ihre Guthaben fürchten müssen.

Radicova erklärte, angesichts einer Krise, die „nicht nur Europa, sondern die ganze Welt bedroht“, müsse man „gemeinsam eine verantwortungsvolle Lösung suchen, um diese weltweite Krise zu mildern“. Eine so wichtige Frage dürfe nicht durch innenpolitische Streitigkeiten überdeckt werden.

Der neoliberale Koalitionspartner SaS kündigte an, nicht an dem geplanten Votum teilnehmen zu wollen, nachdem die Premierministerin die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpfen will. Ohne die SaS hat Radicova keine Mehrheit, weil auch die Opposition sie nicht unterstützen will. Der genaue Zeitpunkt der Abstimmung am Dienstag war noch nicht absehbar.

Die sozialdemokratische Oppositionspartei Smer von Ex-Premier Robert Fico könnte für die fehlenden Ja-Stimmen zur EFSF-Erweiterung sorgen. Sie hatte daran bisher aber stets die Bedingung geknüpft, dass die gegenwärtige Regierung zurücktrete.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Trichet, sagte vor dem EU-Parlament in Brüssel, angesichts der Krise müssten alle Autoritäten entschlossen gemeinsam handeln, um die Stabilität der Finanzmärkte zu sichern. „Weitere Verzögerungen würden die Situation verschlimmern.“ Der europäische Rettungsfonds EFSF müsse so flexibel wie möglich sein, forderte Trichet der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge.

Ein Schuldenschnitt für Griechenland wird derweil immer offener diskutiert: Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte in der Sendung „ZIB2“ des ORF am Montagabend, man dürfe nicht glauben, dass ein Schuldenschnitt genüge. Er plädierte dafür, eine Staatspleite in der Eurozone „mit aller Gewalt“ zu verhindern. Über einen Umfang des Schuldenschnitts wollte Juncker nicht spekulieren.

EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso forderte alle EU-Staaten auf, sich an der Rettung Griechenlands zu beteiligen - auch, wenn sie keine Mitglieder der Euro-Zone seien. „Es ist in ihrem eigenen Interesse“, sagte Barroso der „Bild“-Zeitung (Dienstag). „Wenn der Euro wankt, bringt das alle Länder in Schwierigkeiten - auch die mit eigener Währung.“

In Griechenland hat die sogenannte Troika aus Experten von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) ihre Kontrollen der Athener Finanzen beendet. Eine erste Erklärung sollte es am Dienstagnachmittag geben. Laut übereinstimmenden griechischen Medienberichten drohen dabei „viele gelbe Karten“.

Vom Bericht der Troika hängt die Auszahlung der dringend benötigten Kredithilfen für Griechenland in Höhe von acht Milliarden Euro ab. Sollte die Zahlung nicht bis Mitte November erfolgen, dann geht Athen nach Angaben der Regierung das Geld aus. Die Troika sollte auch einschätzen, ob die griechischen Schulden unter den jetzigen Bedingungen der Hilfeleistungen überhaupt noch tragbar sind.

Der Bundesverband deutscher Banken betonte mit Blick auf die Sparguthaben der Bürger: „Wir haben in Deutschland ein sehr gutes System der Einlagensicherung, das noch weit über das hinaus geht, was es in anderen Ländern Europas gibt. Die Einlagen der Sparer, der kleinen Leute, wie man so schön sagt, sind absolut sicher“, sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), im ARD-„Morgenmagazin“.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält den Aufschwung in Deutschland für intakt - warnt aber vor neuen Gefahren für die Wirtschaft durch die Schulden- und Bankenkrise in Europa. Die Sorgen um die Stabilität des Bankensektors verstärkten weltweit die Unsicherheit der wirtschaftlichen Akteure. „Die konjunkturellen Risiken haben sich damit spürbar erhöht“, heißt es im am Dienstag veröffentlichten Monatsbericht Oktober des Ministeriums.