Europäer vor Einigung auf Milliardenpaket für Portugal
Brüssel/Helsinki (dpa) - Das von der Pleite stehende Portugal kann mit Milliardenhilfen der Europäer rechnen. Nach einer politischen Kehrtwende bei der Regierungsbildung in Finnland zeichnet sich das notwendige einstimmige Votum der Euro-Finanzminister für das Hilfspaket von 78 Milliarden Euro ab.
EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte am Freitag in Brüssel, er erwarte eine Zustimmung der Kassenhüter bei einem Treffen an diesem Montag (16.5.)
Die Ressortchefs werden auch über mögliche neue Hilfen für Griechenland sprechen, aber laut Diplomaten keine Entscheidungen treffen. Zu dem Mai-Treffen der Minister in Brüssel wird auch der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, erwartet. Der IWF will ein Drittel der Portugal-Hilfen stemmen.
„Die Kommission begrüßt die Vereinbarung in Finnland, das Anpassungsprogramm für Portugal zu unterstützen“, sagte Rehn. Der Streit um die Portugal-Stütze zwang Finnlands kommenden Ministerpräsidenten Jyrki Katainen zu einer Kehrtwende bei der Regierungsbildung. Der bisherige Finanzminister sprach sich in Helsinki für eine Zusammenarbeit mit den Grünen sowie zwei weiteren kleinen Parteien aus, nachdem die Rechtspopulisten der Wahren Finnen die vereinbarte Zusammenarbeit abgesagt hatten. Sie sind gegen die Hilfen.
Auch der deutsche Bundestag hatte der Bundesregierung Rückendeckung für die Verhandlungen zu den Portugal-Hilfen gegeben. Lissabon ist von einer Pleite bedroht und braucht bereits im Juni Geld. Die künftige Regierung in Lissabon - am 5. Juni wird gewählt - muss im Gegenzug ein knallhartes Sparprogramm durchziehen.
Im kriselnden Griechenland sieht die Lage nicht gut aus, denn Athen kommt nicht von seinem hohen Defizit herunter. Die Neuverschuldung werde von 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung 2011 im kommenden Jahr nur geringfügig auf 9,3 Prozent sinken, berichtete die Kommission in ihrer Frühjahrskonjunkturprognose. Der gesamtstaatliche Schuldenberg werde von knapp 158 Prozent der Wirtschaftsleistung 2012 auf gut 166 Prozent steigen.
Rehn sagte: „Es müssen noch in diesem Jahr zusätzliche Sparanstrengungen ergriffen werden.“ Er forderte auch einen parteienübergreifenden Konsens in Athen. „Griechenland ist mit einer sehr ernsten Lage konfrontiert.“
Rehn lobte aber, dass die griechische Wirtschaft in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vierteljahr davor um 0,8 Prozent wuchs: „Das ist sicherlich eine gute Nachricht.“ Für das Gesamtjahr erwartet Rehns Behörde allerdings, dass die Wirtschaft um 3,5 Prozent schrumpfen wird. Erst 2012 soll es ein Plus von gut einem Prozent geben.
In der EU wird wegen der dramatischen Schuldenentwicklung in Athen ein neues Hilfspaket debattiert, das nach bisher nicht offiziell bestätigten Spekulationen eine Höhe von 30 bis 60 Milliarden Euro haben soll. Entscheidungen sind erst in einigen Wochen geplant. Erst sollen die Ergebnisse einer Überprüfungskommission von EU und IWF vorliegen, die derzeit in Athen arbeitet. Es wird befürchtet, dass Griechenland nicht - wie zunächst geplant - im kommenden Jahr wieder an die Kapitalmärkte zurückkehren kann. Das Land bekommt bereits Hilfen von Europäern und IWF von 110 Milliarden Euro.
Das gute Wirtschaftswachstum in Deutschland hält die Konjunktur im Euroraum in Schwung. Im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsgebiet mit 17 Ländern um 1,6 Prozent wachsen, im kommenden Jahr um 1,8 Prozent. Das ist - für das laufende Jahr - eine leicht verbesserte Aussicht.
Rehn sagte zur Lage in Europa: „Der Aufschwung ist solide.“ Er warnte aber gleichzeitig vor Risiken wie einer steigenden Inflation oder den Auswirkungen der Atomkatastrophe in Japan und den Revolutionen im arabischen Raum. Auch die Finanzmärkte seien noch anfällig, warnte der Finne.