Konzernrevision ermittelt EWE muss nach Spendenaffäre auch Korruptionsvorwürfe klären
Oldenburg (dpa) - Der Energieversorger EWE muss sich neben einer Spendenaffäre des Vorstandschefs jetzt auch mit Korruptionsvorwürfen gegen andere Manager befassen.
Die Konzernrevision prüft den Verdacht, dass mehrere Führungskräfte der Tochter EWE Netz über Jahre hinweg für Aufträge an fremde Unternehmen Gegenleistungen von diesen forderten und auch erhielten. Das „Handelsblatt“ schreibt unter Berufung auf interne Unterlagen, Manager hätten Schmiergeldzahlungen eingefordert und erhalten. Eine Zeugin habe außerdem von regelmäßigen Essenseinladungen und Thailand-Urlauben berichtet.
Mindestens fünf Firmen sollen nach Informationen von NDR 1 Niedersachsen eine entsprechende Liste erstellt und EWE damit konfrontiert haben. „Das sind schwerwiegende Vorwürfe“, sagte EWE-Aufsichtsratschef Stephan-Andreas Kaulvers am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sind verpflichtet, die Dinge sauber aufzuklären. Das werden wir tun.“
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wird nach eigenen Angaben Anfang nächster Woche wegen des Anfangsverdachts der Korruption ein Verfahren gegen Unbekannt einleiten. Anschließend werde das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Osnabrück weitergegeben, die für solche Fälle zuständig sei, sagte eine Sprecherin.
EWE bestätigte in einer Stellungnahme, dass es „Hinweise auf angebliche weitere Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit anderen Partnerunternehmen von EWE Netz“ gegeben habe. Die Konzernrevision prüfe dies - inzwischen auch mit Hilfe von außen. „Wie lange die Auswertung insgesamt in Anspruch nehmen wird, ist noch offen“, hieß es in der Stellungnahme. „Geprüft wird das Unternehmen EWE Netz insgesamt, nicht Einzelpersonen.“
Zum Inhalt der neuen Vorwürfe äußerte EWE sich nicht. EWE bestätigte lediglich „Unregelmäßigkeiten mit einem für EWE Netz tätigen Tiefbauunternehmen“. Die Zusammenarbeit mit der betroffenen Firma sei daraufhin im Oktober 2016 eingestellt worden.
Die Konzernrevision hatte noch vor Bekanntwerden einer umstrittenen Spende an die Stiftung der Boxbrüder Vitali und Wladimir Klitschko begonnen. Damals saß EWE-Chef Matthias Brückmann noch fest im Sattel bei dem Versorger. Inzwischen lässt er sein Amt ruhen. Brückmann stolperte über die Spende von 253 000 Euro an die Klitschko-Striftung. Der EWE-Chef hätte sich einem Konzernsprecher zufolge die Zustimmung des Finanz- und Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates dafür einholen müssen. Brückmanns Anwalt wies dies am Freitag allerdings zurück.
Noch Anfang Februar hatte auch EWE in einer Pressemitteilung die heutige Darstellung des Anwalts gestützt. In der EWE-Mitteilung hieß es damals: „Die zum Zeitpunkt der Spendenzusage geltenden EWE-internen Regeln ließen diese Spende zu.“ Eine neue Spendenrichtlinie habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegolten. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Brückmann und ein weiteres Vorstandsmitglied wegen des Anfangsverdachts der Untreue.
Der Aufsichtsrat entscheidet am kommenden Mittwoch über die Abberufung Brückmanns. Medienberichten zufolge hatte Brückmann als Gegenleistung für die Spende einen Besuch des Ex-Champions Wladimir Klitschko in Oldenburg erwartet. Die Klitschko Management Group betonte aber, an die Spende seien keinerlei Bedingungen geknüpft gewesen. Der EWE-Chef und Klitschko gelten als gute Bekannte.