Experten halten Sorgen am Ölmarkt wegen Irak-Krise für übertrieben
Frankfurt/Main (dpa) - Die Kämpfe im wichtigen Förderland Irak schüren Ängste vor Angebotsengpässen am Ölmarkt. Experten sehen aber nur wenig Grund zur Sorge.
Trotz des überraschend schnellen Vormarsches der radikal-islamistischen Terrorgruppe Isis in weiten Teilen des Landes gebe es bei der Ölproduktion bisher keine Probleme, heißt es in einer Analyse der Commerzbank vom Donnerstag. Sollte sich die Lage nicht weiter verschärfen, dürfte der Preisauftrieb am Ölmarkt nachlassen.
Sollte es wider Erwarten doch zu größeren Förderausfällen im Irak kommen, rechnen die Commerzbank-Experten mit einem Anstieg des Brent-Ölpreises auf mindestens 120 Dollar.
Noch stärker könnte die Marktreaktion ausfallen, wenn sich der Konflikt auf andere Länder der Region ausdehnen sollte. Dies sei zu erwarten, wenn beispielsweise das Nachbarland Iran in die Kämpfe hineingezogen werde. Aktuell steht der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent bei knapp 114 Dollar.
Gegenwärtig ist der Irak der sechstgrößte Ölproduzent der Welt und der zweitgrößte der Organisation erdölexportierender Länder (Opec).
Zeitweise war den radikalen Isis-Milizen die wichtigste Ölraffinerie des Irak in Baidschi in die Hände gefallen. Die Commerzbank-Experten beziffern die Verarbeitungskapazität auf 300 000 Barrel pro Tag. Außerdem kontrollieren die Extremisten laut jüngsten Meldungen einen vergleichsweise kleinen Teil der Fördermenge im Norden des Irak.
In den Süden des Landes konnten die Isis-Kämpfer aber noch nicht vordringen. Hier befinden sich die großen Ölfelder, die etwa 75 Prozent des irakischen Ölangebots fördern. Außerdem werden im Süden 90 Prozent der Ölexporte des Landes verladen.
Grundsätzlich sehen die Analysten der Commerzbank die Perspektiven für die Ölindustrie im Irak durch die Konflikte aber stark beeinträchtigt. „Die aktuellen Ereignisse werfen ein schlechtes Licht auf die politische Stabilität und die Sicherheitslage.“
Auch ohne eine weitere Eskalation der Lage dürften die Investitionen in die irakische Ölinfrastruktur gebremst werden. „Es ist daher fraglich, ob die irakische Produktion in den kommenden Jahren so stark wachsen wird wie bislang angenommen“.