Exporte auf Rekordniveau
Wiesbaden (dpa) - Starkes Comeback der deutschen Exportwirtschaft: Nach dem Einbruch im Ferienmonat August klettern die Ausfuhren auf den höchsten je erreichten Wert. Auch die Industrieproduktion steigt wieder - wenn auch verhalten.
Damit dürfte Deutschland der Rückfall in die Rezession erspart bleiben. Carsten Brzeski von der ING-Diba sagte: „Die Daten aus Deutschland zeigen, dass in der größten Wirtschaft der Eurozone nicht alle Zeichen auf Untergang stehen.“
Tatsächlich hat sich die deutsche Exportwirtschaft trotz der Wirtschaftsflaute im Euroraum und der Krisen in aller Welt überraschend rasant vom Einbruch im August erholt. Im September stiegen die Ausfuhren zum Vormonat um 5,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte.
Insgesamt haben heimische Unternehmen Waren im Gesamtwert von 102,5 Milliarden Euro ins Ausland geliefert - das war der höchste jemals gemeldete Monatswert. Das bisherige Rekordniveau vom Juli 2014 wurde nochmals um 1,4 Milliarden Euro übertroffen. Im Vergleich zum September 2013 stiegen die Ausfuhren um 8,5 Prozent.
Trotzdem sieht der Außenhandelsverband BGA noch keinen Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. „Insgesamt ist die Situation noch zu unbeständig, um von einem positiven Trend im Außenhandel zu sprechen“, sagte BGA-Präsident Anton F. Börner: „Dies gilt insbesondere mit Blick auf die aktuellen internationalen Krisen.“
Die Einfuhren stiegen binnen Monatsfrist um 5,4 Prozent, auf Jahressicht erhöhten sie sich um 8,4 Prozent auf 80,6 Milliarden Euro. Das kräftige Plus deutet auf eine stärkere Binnennachfrage hin.
Während der Export boomt, läuft die Industrieproduktion noch nicht auf Hochtouren. Sie hat sich aber zumindest etwas erholt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, lag die Herstellung im Verarbeitenden Gewerbe im September 1,4 Prozent höher als im Vormonat. Das Plus konnte die Verluste des Vormonats zwar nicht wettmachen. Diese fielen nach korrigierten Zahlen mit minus 3,1 Prozent aber weniger heftig aus als bisher angenommen (- 4,0).
Im dritten Quartal insgesamt verfehlte das produzierende Gewerbe das Vorquartalsniveau somit um 0,4 Prozent. „Damit ist es wahrscheinlich, dass das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal bestenfalls geringfügig gewachsen ist“, sagte Allianz-Ökonom Rolf Schneider.
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht die Entwicklung erneut spürbar durch die späte Lage der Sommerferien beeinträchtigt. Abgesehen davon werde die Konjunktur im Produzierenden Gewerbe weiterhin durch das schwierige internationale Umfeld beeinträchtigt: „Nennenswerte Impulse zeichnen sich kurzfristig nicht ab.“
Die Nachfrage nach Waren „Made in Germany“ entwickelte sich vor allem in Ländern außerhalb der Eurozone stark. Die Exporte in EU-Länder wie Großbritannien oder Polen kletterten binnen Jahresfrist um 13,8 Prozent auf 22,2 Milliarden Euro. Die Lieferungen in Drittländer stiegen ebenfalls zweistellig um 10,5 Prozent auf 43,8 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die Euro-Partnerländer lagen mit 36,5 Milliarden Euro 3,4 Prozent über Vorjahr.
„Insgesamt zeigen die Daten den positiven Effekt der anziehenden Konjunktur in den USA und UK sowie erste Effekte des zuletzt geringeren Außenwertes des Euro“, sagte BayernLB-Ökonom Stefan Kipar. Beides zusammen scheine den negativen Russland-Effekt zu überlagern.
Nach dem guten Juli und dem Einbruch im August, der auch den späten Ferien samt Werksferien in der Automobilindustrie geschuldet sein dürfte, können deutsche Exporteure insgesamt auf ein erfreuliches drittes Quartal zurückblicken. Die Ausfuhren lagen um 2,9 Prozent über dem Wert des Vorquartals, wie Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg vorrechnete: „Die guten Handelsdaten rufen in Erinnerung, dass Deutschland nach wie vor stark und wettbewerbsfähig ist.“
Die BayernLB erwartet nun, dass die deutsche Wirtschaft nach dem Minus zuvor im Sommer wieder leicht gewachsen ist: „Eine höhere Dynamik wird allerdings derzeit sowohl durch die Unsicherheit und die Sanktionen im Russland-Konflikt als auch durch die schwache konjunkturelle Entwicklung anderer großer Euroländer verhindert.“ Auch Andreas Rees von der Unicredit glaubt an ein Mini-Wachstum der Wirtschaftsleistung von 0,1 Prozent zum Vorquartal: „Eine technische Rezession mit zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit schrumpfender Wirtschaft ist in jedem Fall unwahrscheinlich.“