Eilmeldung EZB drosselt Anleihenkäufe - Zinsen bleiben auf Rekordtief
Europas Währungshüter verringern im vierten Quartal das Tempo ihrer milliardenschweren Anleihenkäufe. Ein Ende des Notkaufprogramms PEPP ist damit nicht beschlossen. Auch die Zinsen bleiben auf Rekordtief.
Die Europäische Zentralbank (EZB) geht angesichts der gut laufenden Konjunktur bei ihren milliardenschweren Anleihenkäufe leicht vom Gas. Im vierten Quartal 2021 soll der Erwerb von Staats- und Unternehmenspapieren im Rahmen des Corona-Notkaufprogramms PEPP „moderat“ geringer ausfallen als derzeit. Das entschied der EZB-Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Zuletzt steckte die EZB über das PEPP monatlich etwa 80 Milliarden Euro in Wertpapiere.
Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist nicht in Sicht. Den Leitzins im Euroraum hält die EZB weiterhin auf dem Rekordtief von null Prozent. Geschäftsbanken müssen nach wie vor 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken.
Die Laufzeit des in der Pandemie aufgelegten, besonders flexiblen Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) mit einem Volumen von 1,85 Billionen Euro bis mindestens Ende März 2022 bestätigten die Währungshüter.
Die Anleihenkäufe der EZB helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Das ist besonders für Staaten wichtig, die zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise milliardenschwere Hilfsprogramme aufgelegt haben.
Die Wirtschaft entwickele sich im laufenden Jahr besser als erwartet, hatte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in einem Anfang September veröffentlichten Interview gesagt: „Wenn sich die Inflation und die Wirtschaft erholen, wird es logischerweise zu einer schrittweisen Normalisierung der Geldpolitik und auch der Finanzpolitik kommen.“
Die Notenbankchefs von Österreich und den Niederlanden, Robert Holzmann und Klaas Knot hatten angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs und der anziehenden Inflation gefordert, über geringere Anleihenkäufe nachzudenken. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte gemahnt, auch „das Risiko einer zu hohen Inflation“ nicht auszublenden: „Angesichts der bestehenden Unsicherheit sollten wir den sehr lockeren Kurs der Geldpolitik nicht für zu lange festschreiben.“ Insbesondere das PEPP sei „eng an die Pandemie gebunden und muss beendet werden, sobald die Notsituation überwunden ist“, bekräftigte Weidmann frühere Aussagen. „Aus gutem Grund steht das erste P in PEPP für pandemisch und nicht für permanent.“
Kritiker werfen der EZB vor, mit dem vielen billigen Geld die Inflation anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will. Oberstes Ziel der Notenbank sind stabile Preise. Beim Umgang mit höheren Teuerungsraten hat sich die EZB inzwischen allerdings mehr Flexibilität verschafft: Die Notenbank strebt neuerdings für den Währungsraum eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an und ist zumindest zeitweise bereit, eine moderates Über- oder Unterschreiten dieser Marke zu akzeptieren.
Im August 2021 lagen die Verbraucherpreise im Euroraum um 3,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Damit kletterte die Inflation im Euroraum auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Die Zinsen will die EZB erst wieder anheben, wenn sie ihr Inflationsziel nachhaltig erreicht sieht.
Aus Sicht der EZB ist der Anstieg der Verbraucherpreise vorübergehend und auf Sonderfaktoren infolge der Corona-Krise zurückzuführen. So waren zum Beispiel die Rohölpreise wegen geringer Nachfrage auf dem Weltmarkt nach Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 eingebrochen. Seither haben sie sich erholt. Auch die Rückkehr zu den üblichen Mehrwertsteuersätzen in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland zum 1. Januar 2021 hat einen Effekt auf die Teuerung im Euroraum. In Deutschland galten von Juni bis Ende Dezember 2020 verringerte Mehrwertsteuersätze, um in der Krise den Konsum anzukurbeln.
Greenpeace-Aktivisten forderten mit einer Aktion vor der EZB-Zentrale in Frankfurt mehr Einsatz der Notenbank im Kampf gegen den Klimawandel. In einer am Donnerstag veröffentlichten Studie von Greenpeace Deutschland, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der SOAS University of London fordern die Autoren die EZB zum Beispiel auf, bei ihren Anleihenkäufen mögliche Klimarisiken offenzulegen und möglichst umzusteuern.