EZB lässt Leitzins bei 0,25 Prozent
Frankfurt/Main (dpa) - Europas Währungshüter bleiben in Lauerstellung. Zwar beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank am Donnerstag, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent zu belassen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.
Gleichzeitig machte EZB-Präsident Mario Draghi aber unmissverständlich klar, dass die EZB bereit ist, wenn nötig entschlossen zu handeln. Außerdem bekräftigte Draghi das Niedrigzins-Versprechen der EZB. Demnach werden die Zinsen über eine längere Zeit auf dem aktuellen Niveau oder darunter bleiben.
Besondere Sorgen bereitet der Notenbank derzeit die niedrige Inflation im Euroraum, die im Dezember auf 0,8 Prozent sank und sich damit wieder weiter von der Zielmarke der Notenbank von knapp zwei Prozent entfernte. „Die EZB wird alles tun, um Deflationsängste zu zerstreuen und unwillkommene Entwicklungen an den Geldmärkten zu verhindern“, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.
Aktuell sehen die Notenbanker zwar noch keine Deflationsgefahren - also eine Spirale sinkender Preise quer durch die Warengruppen. Je länger die Inflation niedrig bleibe, umso größer seien jedoch die Risiken einer weiter sinkenden Teuerung. „Derzeit sehen wir keine Deflation in Europa.“ In zwei Ländern seien die Inflationsraten zwar negativ. Das liege aber vor allem am notwendigen Anpassungsprozess der kriselnden Volkswirtschaften.
Im Falle eines weiter sinkenden Inflationsausblicks sei die EZB jederzeit bereit, gegenzusteuern, sagte Draghi. Die EZB müsse die Preisstabilität in beide Richtungen verteidigen - also nicht nur, wenn die Inflation in die Höhe schießt, sondern auch wenn sich die Rate zu weit nach unten von der zwei-Prozent-Zielmarke entfernt. Derzeit erwarte er aber eine längere Phase mit geringem Preisauftrieb: „Die Inflationsrisiken bleiben weitgehend ausgewogen.“
Die Commerzbank erwartet, dass die Inflation in den kommenden Quartalen weiter um die Marke von einem Prozent schwanken dürfte: „Die Vertreter der Krisenstaaten im EZB-Rat dürften die weit unter zwei Prozent liegende Inflationsrate als Vorwand nutzen, die Geldpolitik weiter zu lockern - und sich damit vermutlich durchsetzen, auch weil der Aufschwung zu schwach bleiben dürfte, um die hohe Arbeitslosenquote von zuletzt 12,1 Prozent nennenswert zu senken“, sagte Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Zuletzt war unter anderem über weitere Zinssenkungen, Strafzinsen auf gehortete Banken-Liquidität, EZB-Anleihekäufe in großem Stil oder neue Geldspritzen für das Bankensystem spekuliert worden. Draghi sagte, es sei zu früh, sich auf ein bestimmtes Instrument festzulegen. Er betonte aber: „Wir sind bereit, alle erlaubten verfügbaren Instrumente in Betracht zu ziehen.“
Immerhin deutet der Aufwärtstrend der Stimmungsindikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft im Euroraum auch im Schlussquartal 2013 gewachsen und die Rezession endgültig überwunden ist. Das nährt die Hoffnung, dass die Konjunktur in den kommenden Monaten etwas an Fahrt gewinnt. Draghi bleibt aber skeptisch: „Es wäre verfrüht, im Kampf gegen die Krise den Sieg auszurufen.“ Die Konjunktur komme zwar allmählich in Gang: „Aber die Erholung ist langsam, schwach und fragil.“
Auch die britische Notenbank veränderte ihren geldpolitischen Kurs nicht. Wie die Bank of England am Donnerstag in London nach ihrer Zinssitzung mitteilte, bleibt der Leitzins auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. Dort liegt er seit mittlerweile knapp fünf Jahren.
Unterdessen will die US-Notenbank Fed ihre milliardenschweren Konjunkturhilfen in „maßvollen Schritten“ zurückfahren. Die meisten Währungshüter seien sich einig, dass die sich verbessernden Zeichen am Arbeitsmarkt eine angemessene Drosselung der Anleihenkäufe zuließen. Das geht aus dem am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington veröffentlichten Protokoll („Minutes“) der letzten Fed-Sitzung vom 17. und 18. Dezember hervor.