EZB: Währungshüter denken an noch niedrigere Zinsen

EZB-Chef Mario Draghi kündigt an, dass die Zeit des billigen Geldes noch „länger“ andauert.

Frankfurt. Europas Währungshüter stimmen auf anhaltend niedrige Zinsen im Euroraum ein. „Der EZB-Rat erwartet, dass die Zinssätze der EZB für einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen Niveau oder darunter bleiben werden“, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, in Frankfurt. Diese Entscheidung sei einstimmig gefallen.

Die Notenbanker hätten über eine weitere Rücknahme des Leitzinses diskutiert, sagte Draghi. Zunächst jedoch bleibt der wichtigste Zins für Zentralbankgeld im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. Allerdings ist eine weitere Senkung nun deutlich wahrscheinlicher geworden — ebenso wie eine Art Strafgebühr für Banken, die Geld über Nacht bei der EZB parken. Der Zinstrend gehe wenn überhaupt nach unten.

Eine genaue Zeitspanne für die Niedrigzinspolitik nannte Draghi nicht: „Ein längerer Zeitraum ist ein längerer Zeitraum. Das sind nicht sechs Monate, das sind nicht zwölf Monate.“

Die Notenbank mache ihre Zinsentscheidungen abhängig von der Entwicklung von Inflation, Konjunktur und Kreditvergabe. Mit seiner Ankündigung betritt Draghi — anders als die Notenbanken in den USA und Japan — Neuland. Derart festgelegt hatte sich die EZB bisher nie.

Europas Währungshüter begegnen mit ihrer Ankündigung auch Sorgen an den Finanzmärkten vor einem baldigen Ausstieg aus der Krisenpolitik des billigen Geldes. Darüber war spekuliert worden, nachdem die US-Notenbank Fed entsprechende Schritte angekündigt hatte. Die EZB dagegen erwartet zwar, dass sich die Wirtschaft im Euroraum im weiteren Jahresverlauf erholen wird, die Erholung stehe aber weiter auf wackligen Beinen.

Niedrige Zinsen sollen Investitionen anschieben und die Konjunktur in Schwung bringen. Doch das funktioniert in den Krisenländern derzeit nicht, weil die Finanzbranche das billige Geld nicht in Form von Krediten an Firmen und Verbraucher weiterreicht. Daher meinen viele Ökonomen, dass billigeres Geld im Kampf gegen die Rezession wenig helfen würde.