Fitschen: Billiges Zentralbankgeld ist nicht gesund
Frankfurt/Main (dpa) - Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen fordert ein Ende der Geldschwemme in Europa. „Die billige Liquidität von der Zentralbank ist nicht gesund“, sagte Fitschen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).
Der Manager, der seit Mitte April auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist, mahnte: „Wir sollten möglichst schnell dahin kommen, dass die Realzinsen, also die Nominalzinsen abzüglich Inflationsrate, wieder positiv werden.“
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte bei ihrer Ratssitzung Anfang Mai den ohnehin schon extrem niedrigen Leitzins von 0,75 Prozent nochmals auf nun 0,5 Prozent gesenkt. Das hilft Banken in den Krisenländern der Eurozone. Die Kehrseite: Anleger bekommen seit Monaten kaum noch Sparzinsen auf Sparbüchern, für Fest- oder Tagesgeld. Oft liegen die Zinsen, die Banken bieten, unterhalb der Inflationsrate, so dass Verbraucher unter dem Strich Geld verlieren.
Abrupt umschwenken können Europas Währungshüter nicht, das weiß auch Fitschen: „Es ist in der Tat sehr wichtig, den richtigen Weg zur Umkehr zu finden, um nicht sofort den nächsten Kollaps zu provozieren.“ Der Grat sei sehr schmal. „Alle aber sind sich einig: Die Zinsen können dauerhaft nicht so bleiben, weil sonst die nächsten Verwerfungen die Folge sind“, sagte Fitschen.
Der Banker forderte auch ein Umdenken in der Frage, ob die drohende Pleite eines Kreditinstitutes mit Steuergeldern abgefangen werden soll oder nicht: „Genau das ist das Problem unserer Branche: Häuser, die vom Kunden nicht akzeptiert werden, müssen aus dem Markt ausscheiden können, ohne dass es zu weitreichenden Erschütterungen des Gesamtmarktes kommt“, sagte Fitschen.
„Grundsätzlich hat Europa zu viele Banken“, stellte Fitschen fest. Dass sich in Deutschland aktuell etliche Institute auf den Mittelstand als lukrative Kundschaft stürzen, berge „die Gefahr eines exzessiven Wettbewerbs“. Banken müssten insgesamt mehr auf Kosteneffizienz achten, befand Fitschen: „Es wird nicht zu vermeiden sein, dass in einigen Bereichen weniger Personal benötigt wird.“