Fleischbranche: Niederlage für Clemens Tönnies
Gericht kippt doppeltes Stimmrecht des Chefs.
Bielefeld. Clemens Tönnies verliert nicht gerne. Als Aufsichtsratschef von Schalke 04 musste er schon manche Niederlage einstecken. In der knallharten Fleischbranche ging es dagegen mit dem inzwischen größten Fleischkonzern Deutschlands seit Jahren nur bergauf. Doch jetzt kommt Widerstand aus der eigenen Familie. Das Landgericht Bielefeld gab der Klage seines Neffen und Patenkinds Robert Tönnies statt. Der 36-Jährige macht seinem Onkel die Führungsrolle im Konzern streitig.
Die Macht von Clemens Tönnies im Konzern steht auf wackeligen Beinen. Den Vertrag von 2002, der ihm bei gleichen Anteilen das doppelte Stimmrecht und damit die Macht sichert, hat das Landgericht gekippt. Die Anwälte von Clemens Tönnies wollen nun zum Oberlandesgericht Hamm gehen.
Der Prozess hatte tiefe Einblicke in den Alltag der Familie Tönnies gewährt. Da war von Streit zwischen dem Firmengründer Bernd Tönnies (1952-1994) und seinem jüngeren Bruder Clemens (58) die Rede, „wie das so unter Metzgern üblich ist“ (Josef Schnusenberg, Steuerberater des Konzerns). Dass die Familie lange, lange zusammengehalten habe wie „Pech und Schwefel“ (Clemens Tönnies). Dass Verträge und Geld in der Familie eigentlich nie wirklich wichtig gewesen seien, da es immer nur um das Unternehmen ging (Notar Horst-Dieter Swienty). Und dass es lange gemeinsame Lebenswege gab: „Ich vertrete die Gruppe seit dem ersten Schwein.“ (Swienty)
Wenn Robert Tönnies recht behalten sollte, sowohl was das Stimmrecht angeht, als auch im Streit um einen Fünf-Prozent-Anteil, den er von seinem Onkel zurückfordert, wie würde es dann weitergehen? Ohne das doppelte Stimmrecht könne man Clemens Tönnies „vom Hof jagen“, hatte Swienty ausgesagt. Und was dann?
Die Chefetage wäre leer, heißt es aus dem Unternehmen. Keiner der Top-Manager wolle mit Robert zusammenarbeiten. Mit seinen Klagen riskiere Robert das Vertrauen der Kunden. Auch so bekomme Robert doch jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag.
Robert Tönnies betont dagegen, es gehe nicht um Geld. Nach dem Urteil ließ er verkünden: „Für mich ist es Ansporn, noch intensiver meine Gesellschafterrechte zum Wohle der Unternehmensgruppe Tönnies und für sichere Arbeitsplätze wahrzunehmen.“
Das alles kann sich noch Jahre hinziehen. Bekommt Robert Tönnies recht, wäre das aber nur der halbe Sieg. Überstimmen könnte er seinen Onkel nämlich dann immer noch nicht. Er müsste auch noch seinen Fünf-Prozent-Anteil zurückbekommen. Über diese Klage könnte im Herbst verhandelt werden. Möglich ist aber, dass es vorher doch noch eine außergerichtliche Einigung gibt.