Wirtschaft Das ist die Frühjahrsprognose der Wirtschaftsforscher

Berlin · Wirtschaftsforscher sagen: Der Aufschwung ist zu Ende. Die Bundesregierung soll gegensteuern.

Sechs Wirtschaftsforscher, eine Botschaft: Die Regierung muss der schwächelnden Wirtschaft jetzt unter die Arme greifen.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Der Konjunkturboom ist erst einmal Geschichte, und die internationalen Risiken lassen für Deutschland nur noch ein Mini-Wachstum erwarten. Zu dieser Einschätzung kommen die führenden Wirtschaftsinstitute in ihrem gestern in Berlin veröffentlichten Frühjahrsgutachten. Der Bundesregierung legen sie ans Herz, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.

„Der langjährige Aufschwung der deutschen Wirtschaft ist zu Ende“, erklärte Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH). Zugleich räumte er im Namen seiner Fachkollegen ein, sowohl das Ausmaß der inländischen Produktionshemmnisse – siehe die Probleme der Autoindustrie – als auch die Abkühlung der Weltkonjunktur unterschätzt zu haben. Gleichwohl sei die Gefahr einer ausgeprägten Rezession gering. Bei einem weichen Brexit könne sich die Konjunktur auch wieder stabilisieren, meinte Holtemüller. Nachfolgend die wichtigsten Kennziffern  im Überblick:

Die Ausgangslage: Nach Einschätzung der Ökonomen ist die Konjunktur in Deutschland derzeit dreigeteilt: Die Bauwirtschaft boomt weiter, und auch im Dienstleistungsbereich geht es voran. Im verarbeitenden Gewerbe, zu dem in erster Linie der Maschinen- und Fahrzeugbau zählt, werden dagegen die Sorgen immer größer. Dazu passt eine Zahl, die das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag veröffentlichte. Demnach gingen die Auftragseingänge der stark exportabhängigen Branche im Februar um 4,2 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück. Das war der stärkste Einbruch seit mehr als zwei Jahren.

Das Wachstum: Die Experten rechnen für das laufende Jahr mit einem Wachstum von nur noch 0,8 Prozent. Damit haben die Forscher ihre Vorhersage mehr als halbiert. Im letzten Herbst waren sie noch von einem Plus von 1,9 Prozent ausgegangen. Für 2020 wird aber unverändert mit einem Zuwachs um 1,8 Prozent gerechnet. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) warnte dann auch vor Panikmache: „Die deutsche Wirtschaft hat sich abgekühlt, aber sie friert noch nicht“.

Der Arbeitsmarkt: Auch wenn die Hochkonjunktur vorbei ist, viele Firmen suchen wegen ihrer (noch) gut gefüllten Auftragsbücher weiter händeringend nach Personal. Die Zahl der offenen Stellen sei aber kaum noch gestiegen, heißt es in dem Gutachten. Dennoch, so die Erwartung der Forscher, werden in diesem Jahr erstmals in Deutschland mehr als 45 Millionen Personen erwerbstätig sein. Gleichzeitig soll die Arbeitslosenquote von 5,2 auf 4,8 sinken. Das wären nur noch knapp 2,2 Millionen Betroffene.

Die Löhne und die Gehälter: Die Institute erwarten, dass die Bruttolöhne je Mitarbeiter nach dem kräftigen Zuwachs im vergangenen Jahr (plus 3.2 Prozent) auch weiter steigen werden. Für 2019 und 2020 rechnen sie mit einem Plus von 3,0 beziehungsweise 2,8 Prozent. Der private Konsum dürfte also weiter florieren. „Die Binnenwirtschaft stemmt sich gegen den Abschwung“, hieß es bei den Gutachtern. Freilich liegt auch die prognostizierte Inflation in diesem und im kommenden Jahr bei 1,5 beziehungsweise 1,8 Prozent. Ein Teil der Gehaltssprünge wird also von der Teuerung „aufgefressen“.

Die Empfehlungen: Nach Überzeugung der Ökonomen muss sich die Bundesregierung stärker für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen konzentrieren. Dem pflichtete gestern ausdrücklich auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei und regte dazu die zügige Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung sowie weitere bürokratische Entlastungen für die Firmen an. Die Konjunkturforscher sprachen sich in ihrem Gutachten allerdings für grundlegende steuerliche Entlastungen im Interesse der Wirtschaft aus. Und sie warnten Finanzminister Olaf Scholz davor, um der „schwarzen Null“ willen, also eines Etats ohne neue Schulden, der Konjunktur hinterherzusparen.