Geldgeber setzen Griechenland mit Ultimatum unter Druck
Brüssel/Athen (dpa) - Die internationalen Geldgeber zwingen Griechenland mit verbindlichen Fristen zum Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung.
Als Vorbedingung für weitere Milliardenhilfen müssten die ersten 4200 Mitarbeiter bis Ende Juli in eine Beschäftigungsgesellschaft wechseln, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag nach Beratungen in Brüssel.
„Bis Mitte Juli müssen die notwendigen Gesetzgebungsschritte getan sein.“ Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatte den 19. Juli als Frist dafür genannt.
Die Eurogruppe und der Internationale Währungsfonds hatten sich am Montagabend grundsätzlich auf weitere 6,8 Milliarden Euro Hilfen in mehreren Raten verständigt. In Athen machte sich danach Erleichterung breit. Um das große Haushaltsloch zu stopfen, sollen nun auch die Besitzer von Mittelklasse- und Luxuswagen zur Kasse gebeten werden.
Noch in diesem Monat soll das Parlament ein Gesetz billigen, das eine Sondersteuer für die Autohalter vorsieht. Diese soll rund 130 Millionen Euro einbringen.
Die Entlassungswelle bei den Staatsbediensteten soll anrollen. Gewerkschaften der Kommunalbediensteten kündigten weitere umfangreiche Streiks an. Tausende Angestellte demonstrierten am Dienstag erneut auf den Straßen Athens und anderen Städten gegen den Stellenabbau.
Bis Ende September müsse die Hälfte der für dieses Jahr insgesamt vereinbarten 25 000 Mitarbeiter, also 12 500, in die Beschäftigungsgesellschaft wechseln, so Schäuble weiter. Er kündigte an, noch im laufenden Monat nach Griechenland zu fahren. Es gehe dabei um weitere Schritte zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes.
Der CDU-Politiker wehrte sich gegen Spekulationen, wonach eine höhere Auszahlung von 8,1 Milliarden Euro vorgesehen war. „Etwas anderes war nicht geplant“, sagte er mit Blick auf die 6,8 Milliarden Euro.
Die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“ hatte unter Berufung auf Kreise des Athener Finanzministeriums berichtet, die Gesamttranche sei deshalb kleiner ausgefallen, weil Berlin angeblich bis zu den Bundestagswahlen keine Vorauszahlungen künftiger Summen tragen will. Schäuble sagte: „Mit den deutschen Wahlen hat das nichts zu tun.“
Frankreichs Europaminister Thierry Repentin bedauerte gegenüber dem „Handelsblatt“ (Dienstag), dass es derzeit keine direkte Finanzspritzen aus dem europäischen Krisenfonds ESM für griechische Banken geben kann. Diese kann es erst dann geben, wenn nächstes Jahr eine gemeinsame Bankenaufsicht für die Eurozone steht. Schäuble sagte, Repentin solle sich bei Finanzminister Pierre Moscovici erkundigen, wie die Beschlusslage in der EU sei.
In einzelnen Euroländern müssen jetzt Parlamente noch den neuen Auszahlungen für Griechenland zustimmen, in Deutschland ist der Haushaltsausschuss des Bundestages gefragt. Eine förmliche Entscheidung der Finanzstaatssekretäre zu den Auszahlungen soll dann bis Mitte Juli fallen.
Im Krisenland Zypern bleibt die Lage angespannt. Die Abwicklung der Laiki-Bank ist noch nicht abgeschlossen. „Da müssen sie sich beeilen, das hätte schon passieren sollen“, kritisierte die österreichische Ministerin Maria Fekter. Die Abmachung zwischen den Geldgebern und der Inselrepublik müsse nachjustiert werden.
Bei einer Debatte unter den 28 Kassenhütern der EU drang Schäuble darauf, im Kampf gegen die Steuervermeidung stärker Steuersätze ins Visier zu nehmen. Es gebe in einigen Staaten für Unternehmen, die nur Lizenzgebühren erhöben, „günstige Steuersätze[...], um sie anzulocken“.
Er fügte hinzu: „Wir sind am Anfang der Debatte, ich habe sie eröffnet, sie wird nicht fröhlich sein.“ Steuersätze in der EU sind Angelegenheit der Einzelstaaten. Versuche von Euroländern, Irland von seinen Niedrig-Unternehmensteuern von 12,5 Prozent abzubringen, laufen seit Jahren ins Leere.
Lettland führt zum 1. Januar kommenden Jahres den Euro ein. Die Finanzminister billigten förmlich die Aufnahme ins gemeinsame Währungsgebiet. Der Umrechnungskurs wird 0,702804 Lats für einen Euro.