New Yorker Börse übernimmt Londoner Libor-Zinssatz
New York/London (dpa) - Der Skandal um Manipulationen des Libor-Zinssatzes brachte die Londoner City zum Beben. Als Konsequenz übernimmt nun die New Yorker Börse die Regie über den wichtigen Wert, zu dem sich Banken Geld leihen.
Nach dem Manipulationsskandal wird der Referenzzinssatz künftig von der New Yorker Börse ermittelt. Man habe sich einstimmig entschieden, die Verwaltung des wichtigen Satzes an eine Tochter der New Yorker Börse, die NYSE Euronext Rates Administration Limited, abzugeben, teilte die British Bankers' Association (BBA) am Dienstag mit. Die eigens gegründete Tochter ist allerdings in London ansässig und wird von der britischen Finanzaufsicht FCA überwacht. Die Übergabe soll Anfang 2014 abgeschlossen sein. Man folge damit den Empfehlungen der Kommission, die nach dem Skandal eingesetzt wurde, hieß es von der BBA.
Mit der Übergabe soll das Vertrauen in den wichtigen Zinssatz wiederhergestellt werden. „Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um die Empfehlungen zur Libor-Neuordnung umzusetzen“, erklärte FCA-Chef Martin Wheatley. Auch die NYSE gab an, sie sehe es ihre Aufgabe, „die Glaubwürdigkeit des Libor international wieder herzustellen“.
Die „London Interbank Offered Rate“ (Libor) war 1986 von der BBA als Referenzzinssatz eingeführt worden. Er gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Er hat er aber auch enorme Bedeutung für die Finanzmärkte und ist Basis für Finanzgeschäfte in dreistelliger Billionenhöhe. Geringste Ausschläge können Millionen an Gewinn oder Verlust bringen.
2012 waren jahrelange Manipulationsversuche von Banken bekannt geworden. Als erste wurden Barclays, Royal Bank of Scotland (RBS) und UBS zu Strafen von zusammen gut 2,5 Milliarden US-Dollar verurteilt. Gegen weitere Institute laufen die Ermittlungen noch, darunter auch die Deutsche Bank. Derzeit suchen Aufseher weltweit nach Möglichkeiten, wie der Libor besser vor Manipulationen geschützt werden kann.
Die NYSE Euronext ist der Betreiber der altehrwürdigen New York Stock Exchange mit ihrem Handelssaal an der Wall Street. Zu dem Börsenkonzern gehört jedoch auch ein europäischer Arm mit Aktienmärkten in Amsterdam, Brüssel, Lissabon und Paris. In London betreibt die NYSE Euronext die Derivatebörse Liffe.
Der Börsenbetreiber befindet sich allerdings gerade im Umbruch. Die Rohstoffbörse IntercontinentalExchange schickt sich an, die NYSE Euronext zu übernehmen. Wenn alles nach Plan läuft, geht der Zusammenschluss im zweiten Halbjahr über die Bühne. Ursprünglich hatten die New Yorker mit der Deutschen Börse zusammengehen wollen, was jedoch am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter scheiterte.