Gerichtsurteile: Gaspreis - Wenn Streit entbrennt
Jeder Fall ist anders, entsprechend unterschiedlich fallen die Richtersprüche aus. Einige Orientierungspunkte gibt es aber.
Karlsruhe. Fast jeden Monat gibt es ein neues Gerichtsurteil zu Gaspreiserhöhungen. Doch mal siegen die Verbraucher, mal die Versorger. Die Gründe für die Entscheidungen sind so individuell wie die infrage stehenden Vertragsklauseln. Dennoch gibt es grobe Orientierungspunkte dafür, wann warum erhöht werden darf - und wann nicht.
Der Versorger darf gestiegene Bezugskosten im Grundsatz ohne weiteres weitergeben, entschieden der BGH (Az.: VIII ZR 36/06) und das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Az.: 15 U 47/07).
Die Unternehmen unterliegen nach Einschätzung des BGH nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Denn eine umfassende gerichtliche Prüfung würde der Entscheidung des Gesetzgebers zuwiderlaufen, von einer staatlichen Regulierung der allgemeinen Gastarife abzusehen (Az.: VIII ZR 138/07).
Gasversorger dürfen ihre Preise nämlich "nach billigem Ermessen" festsetzen - diese Regelung greift, wenn nichts anderes im Vertrag steht.
Der Versorger muss auch nicht seine "Bücher" und Kalkulationsgrundlagen uneingeschränkt offen legen. Der BGH billigt ihm in dieser Frage ein verfassungsrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu (Az.: VIII ZR 138/07).
Gleichwohl fordert beispielsweise das OLG Frankfurt, dass der Versorger die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen legen müsse (Az.: 11 U 60/07).
Der BGH machte in einem Fall deutlich, dass eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dann anzunehmen ist, wenn sich der Versorger nur am Heizölpreis orientiert und dabei Kostensenkungen bei Arbeits- oder Grundpreis nicht berücksichtigt (Az.: VIII ZR 304/08).
Daher fordert beispielsweise das OLG Celle: Die Versorger müssen grundsätzlich beweisen, dass gestiegene Bezugskosten nicht durch anderweitige Kostensenkungen in der Gassparte ausgeglichen wurden.
Eine unangemessene Preiserhöhung kann nach Einschätzung des BGH nicht ohne weiteres durch ein Sonderkündigungsrecht des Kunden ausgeglichen werden. Das gelte jedenfalls, wenn der Versorger faktisch eine Monopolstellung habe. Dann habe der Kunde keine "echte Alternative" (Az.: VIII ZR 225/07).
Strittig war in einem Fall, ob eine Preiserhöhung sofort an die Kunden weitergegeben werden muss. Dazu ist ein Versorger nicht verpflichtet, so das OLG Koblenz (Az.: 12 U 18/08).
Er darf die dadurch bedingte zeitweise "Unterdeckung" seiner Kosten auch erst bei einer späteren Preiskalkulation in die Tariferhöhung einbeziehen.
Das Gericht ließ sich in dem Fall von dem Einwand eines Versorgers überzeugen, dass jede Tarifänderung zusätzliche Kosten verursacht - etwa durch Anzeigen und Kundenbenachrichtigungen.
Strenger beurteilt der BGH Klauseln, wonach sich der Versorger eine Preisanpassung und damit auch eine Tarifsenkung "vorbehält". Das widerspreche gesetzlichen Vorgaben, wonach der Anbieter verpflichtet sei, Vergünstigungen für Kunden umgehend umzusetzen (Az.: VIII ZR 81/08).
Verbraucher dürfen sich nicht zu lange Zeit mit einem Widerspruch gegen Preiserhöhungen lassen. Nach Auffassung des BGH stimmt der Kunde der Tarifänderung zu, wenn er weiterhin Gas bezieht, ohne "in angemessener Zeit" die Erhöhung zu beanstanden (Az.: VIII ZR 36/06).