Gesamtmetall: Hohe Arbeitskosten bedrohen Industriestandort
Frankfurt/Main (dpa) - Vor Beginn der Tarifverhandlungen in der deutschen Metall- und Elektroindustrie haben die Arbeitgeber vor zu hohen Belastungen der Unternehmen gewarnt.
Die voraussichtliche Forderung der IG Metall nach 5,0 Prozent mehr Geld sei viel zu hoch und wecke Zweifel am Industriestandort Deutschland, sagte Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger der Deutschen Presse-Agentur.
Bei jährlichen Arbeitskosten von deutlich über 200 Milliarden Euro in der Metall- und Elektroindustrie würde eine Erhöhung um 5 Prozent rund 10 Milliarden Euro zusätzliche Belastungen für die Unternehmen bedeuten, rechnete Dulger vor. „Das ist viel Geld für die hier betroffenen Unternehmen. Davon könnte man acht Automobilwerke mit jeweils 5000 Arbeitsplätzen bauen.“
Aktuell wachse die deutsche Kernindustrie und einstige Wachstumslokomotive nicht mehr so schnell wie die Gesamtwirtschaft, klagte der Arbeitgeber-Präsident. Das liege daran, dass der Aufschwung nahezu ausschließlich vom privaten Konsum getrieben werde, was den meisten Unternehmen der Branche nicht helfe. „Private Verbraucher kaufen keine Werkzeugmaschinen und keine Lackieranlagen für ihren privaten Hausgebrauch. Deswegen ist eine durch Konsum angeheizte Konjunktur nicht das Fundament, auf dem wir Löhne und Gehälter für die nächste Zukunft erhöhen können.“
In Wahrheit befinde sich die deutsche Wirtschaft in einem „Scheinaufschwung“, sagte Dulger. „Das minimale Wachstum ist nicht selbst erarbeitet, sondern es wird durch externe Faktoren - Eurokurs, Ölpreis, Niedrigzins - geschenkt.“
Die Kosten der Arbeit spielten am Metall- und Elektro-Standort Deutschland auch wegen der ausgereizten Produktivitätsfortschritte eine entscheidende Rolle, meinte Dulger. „Der Standort Deutschland bröckelt massiv. Es geraten durch eine so hohe Forderung Industriejobs in Deutschland in Gefahr.“ Es sei grundsätzlich die falsche Zeit für Höhenflüge.
Für den anstehenden Tarifabschluss verlangte der Gesamtmetallchef Differenzierungsmöglichkeiten für schwächere Unternehmen. Ein Flächentarifvertrag dürfe sich nicht am Stärksten orientieren.
Wie die IG Metall ihr neues Streikkonzept mit den neuartigen Tagesstreiks anwende, müsse sich noch zeigen, sagte Dulger. Er warnte vor langen Arbeitsniederlegungen: „Mit den Warnstreikexzessen in der letzten Tarifrunde hat die IG Metall ganze Unternehmen lahmgelegt. Sollte das neue Streikkonzept in dieser Runde zu noch mehr Streiks führen, dann wäre das für unsere Industrie eine Katastrophe.“
Der Bundesvorstand der IG Metall will an diesem Montag (29. Februar) endgültig die Forderung festziehen, nachdem sich bereits alle Bezirke geschlossen für 5,0 Prozent ausgesprochen haben. Eine Kursänderung wird nicht erwartet. Die bundesweit erste der zunächst regionalen Verhandlungen ist für den 9. März in Hannover für das Tarifgebiet Niedersachsen geplant. Warnstreiks sind erst nach Ablauf der Friedenspflicht zum 29. April möglich.