Gebühren bei Banken Girokonten: Stiftung Warentest kritisiert "absurde" Gebühren
Geldverdienen ist in der Zinsflaute nicht einfach für Banken und Sparkassen. Die Zeche zahlen oft die Kunden. Stiftung Warentest nimmt 231 Girokontenmodelle von 104 Finanzinstituten unter die Lupe.
Frankfurt/Berlin (dpa) - Gebühren fürs Geldabheben am Automaten der eigenen Bank, 4,90 Euro für eine Überweisung auf Papier oder 15 Euro im Jahr für die Girocard: In der Zinsflaute langen manche Banken und Sparkassen kräftig hin.
„Teilweise haben die Preiserhöhungen absurde Züge“, kritisiert die Stiftung Warentest. 231 verschiedene Girokontenmodelle von 104 Finanzinstituten haben die Experten unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Nur 23 Angebote sind gratis - inklusive aller Onlinebuchungen und der Girocard fürs bargeldlose Shoppen und dem Geldabheben am Bankautomaten.
„Die Zahl der kostenlosen Girokonten ist in den vergangenen Jahren etwa gleich geblieben“, sagt Heike Nicodemus von der Stiftung Warentest. „Wir stellen aber fest, dass zahlreiche Institute bei den Gebühren kreativer werden. Plötzlich kostet zum Beispiel die Girocard etwas oder die Überweisung am Schalter.“ Für Kunden sei es schwer, „den Wust neuer und alter Gebühren zu durchblicken“, kritisieren die Experten in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest (Heft 9/2017).
Ganz kostenlos sind allerdings auch nicht alle Gratis-Konten, außer der Kunde erledigt seine Bankgeschäfte online. Gebühren fallen zum Teil bei Überweisungen in Papierform, telefonischen Aufträgen oder bei schriftlichen Änderungen von Daueraufträgen an.
Den Verbraucherzentralen sind neue Gebühren als Reaktion auf niedrige Zinsen ein Dorn im Auge. In der Branche gebe es hierbei verbreitet einen Wildwuchs, sagte jüngst der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. Viele Institute hätten Kunden über Jahre zu einer Kostenlos-Kultur etwa rund ums Girokonto erzogen, weil sie sich Wettbewerbsvorteile davon versprochen hätten. Nun würden auf teilweise intransparente Art Zusatzgebühren erhoben. „Unser Appell an die Banken und Sparkassen ist: nicht kreative neue Gebühren, sondern einfache, fair bepreiste Konten anbieten“, betonte Müller.
Das sieht selbst die Branche ähnlich. „Generell ist es gut, wenn man einfache Modelle anbietet, die der Kunde versteht“, argumentiert Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband deutscher Banken (BdB), der die Privatbanken vertritt. „Und es muss volle Transparenz gesichert sein. Der Kunde muss wissen, was er für sein Geld bekommt.“
Die Geldinstitute leiden seit geraumer Zeit unter der Zinsflaute. Wichtigste Ertragsquelle der Banken und Sparkassen in Deutschland ist traditionell der Zinsüberschuss - die Differenz zwischen dem, was die Institute auf der einen Seite zum Beispiel für Kredite kassieren und auf der anderen Seite ihren Kunden etwa als Sparzinsen zahlen. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Euroraum faktisch abgeschafft hat, brechen den Instituten Erträge weg.
Zudem müssen Geschäftsbanken für Geld, das sie bei der EZB parken, 0,4 Prozent Strafzinsen an die Notenbank zahlen. Die Kosten dafür geben etliche Institute schon länger an Unternehmenskunden weiter. Auch vermögende Privatkunden müssen bei einigen Instituten Strafzinsen auf hohe Guthaben zahlen. „Für den Durchschnittskunden spielen Strafzinsen keine Rolle, die Grenze ist viel zu hoch. Andere Gebühren sind viel relevanter“, sagt Nicodemus.
Nach einer Untersuchung des Beratungsunternehmens EY müssen sich viele Bankkunden in Deutschland auf weiter steigende Gebühren einstellen. Ein Drittel der Institute (32 Prozent) bittet Privatkunden bereits stärker zur Kasse oder plant dies bis Ende des Jahres. Es trifft vor allem das Girokonto. Gut jede vierte Bank (27 Prozent) erhöht hierfür die Gebühren. Knapp jede fünfte Bank (19 Prozent) nimmt mehr für Überweisungen.
„Früher war es möglich, mit hohen Zinseinnahmen andere Dienstleistungen quer zu subventionieren - das geht im aktuellen Niedrigzinsumfeld nicht mehr. Andere Ertragsquellen sind völlig versiegt“, erläutert EY-Bankenexperte Dirk Müller-Tronnier. EY hatte 120 Banken in Deutschland quer durch alle Säulen befragt - also Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen ebenso wie private Großbanken.
Aus Sicht von Stiftung-Warentest-Expertin Nicodemus sind „Kosten von fünf Euro im Monat für ein Girokonto in Ordnung, schließlich steht auch eine Dienstleistung dahinter“. Wer mehr fürs Konto mit Buchungen und Girocard zahle, sollte wechseln - das Kontomodell oder die Bank. Finanzinstitute sind seit vergangenem September verpflichtet, Kunden beim Umzug des Kontos zu unterstützen.
Auf dem Land ist ein Wechsel mangels Alternativen allerdings oft nicht so einfach - es sei denn man macht ausschließlich Online-Banking: „Gerade auf dem Land ist nach unserer Erfahrung das Girokonto oft teurer“, sagt Nicodemus. (dpa)