Griechenland-Rettung: Experten warnen vor verfrühtem Optimismus

Berlin (dpa) - Der Erleichterung über die erfolgreiche Rückkehr Griechenlands an die Finanzmärkte folgen Warnungen vor verfrühtem Optimismus.

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Nach Einschätzung des Chefs der EU-Task-Force für Griechenland ist der Krisenstaat noch nicht über den Berg und könnte weitere Finanzhilfen aus dem europäischen Rettungsfonds ESM benötigen.

„Geld ist die große Unbekannte“, sagte der deutsche Ökonom Horst Reichenbach „Spiegel Online“. „Niemand kann sagen, ob Griechenland zurzeit schon die Möglichkeit hätte, dauerhaft allein an den Anleihemarkt zu gehen, damit es keine Hilfen mehr von den Euro-Ländern braucht.“ Nach Einschätzung Reichenbachs müssen noch zwei weitere Jahre vergehen, um sagen zu können, ob sich das Land auf einem „gesicherteren Weg“ befindet.

Athen hatte am Donnerstag - einen Tag vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel - erstmals seit dem Hilferuf an die Euro-Partner 2010 wieder Geld von privaten Investoren einwerben können - mit drei Milliarden Euro sogar mehr als angepeilt. Regierungschef Antonis Samaras mahnte indes: „Macht keinen Fehler: Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“ Griechenland war seit der Beinahepleite vor vier Jahren vom privaten Kapitalmarkt abgeschnitten, weil Anleger wegen des finanziellen Desasters das Vertrauen in das Land verloren hatten.

Reichenbach bezeichnete die erfolgreiche Kapitalaufnahme als „potenziellen Wendepunkt für das Land“. Reichenbachs Task-Force koordiniert die europäischen Hilfen und unterstützt Griechenland bei Reformen. Der Präsident des Mannheimer Forschungsinstitutes ZEW, Clemens Fuest, sprach von einem wichtigen Datum für Griechenland. „Doch was wir nun von wirtschaftlicher Erholung hören, sind im Wesentlichen Versprechungen. Die große Frage ist, ob dieser Schritt nachhaltig ist“, sagte er dem „Mannheimer Morgen“ (Freitag).

Der eurokritische CSU-Politiker Peter Gauweiler kritisierte, dass die Anleiheemission nur gelungen sei, weil sich die privaten Investoren darauf verlassen könnten, „dass ESM und EZB für die Risiken geradestehen“. Der Präsident des Münchner Ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag): „Dass Griechenlands Gläubiger das mitmachen, liegt nur an den Rettungsschirmen.“ Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, betonte in der „SZ“, die schwierigste Phase der Euro-Krise stehe den Regierungen noch bevor.

Auf eine weitere Entspannung in der Euro-Schuldenkrise deutet derweil die Entwicklung in Portugal hin. Die Ratingagentur Fitch würdigte die Fortschritte Portugals im Kampf gegen die Schuldenkrise und droht nicht mehr mit einer weiteren Abstufung der Kreditwürdigkeit. Fitch begründete den neuen Ausblick unter anderem mit Fortschritten bei der Reduzierung des Haushaltsdefizits.