Haftstrafe: Thomas Middelhoffs tiefer Fall

Mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und der Verhaftung noch im Gericht dürfte der Manager nicht gerechnet haben.

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Essen. Thomas Middelhoff vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Und als er die Augen wieder hebt, wirken seine Züge versteinert. Der 61-jährige frühere Top-Manager erlebt Freitag im Saal 101 des Landgerichts Essen eine der wohl schwärzesten Stunden seines Lebens.

Das Gericht verurteilt ihn nicht nur wegen Untreue in besonders schwerem Fall und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren — völlig überraschend erlässt das Gericht wegen Fluchtgefahr auch noch einen Haftbefehl gegen den Manager. Im Gerichtssaal wird Middelhoff verhaftet.

Es ist ein tiefer Fall für Middelhoff. Noch vor wenigen Jahren galt er als einer der einflussreichsten Manager Deutschlands. Als er den Chefsessel beim angeschlagenen Warenhauskonzern Karstadt-Quelle übernahm, wurde er von den Beschäftigten als Retter begrüßt. Doch Middelhoff gelang es nicht, eine nachhaltige Erholung des in Arcandor umbenannten Handelsriesen zu erreichen. Er musste Anfang 2009 den Chefsessel räumen. Wenige Monate später meldete das Unternehmen Insolvenz an.

Gericht bestätigt den Vorwurf der Untreue in 27 Fällen

Im Essener Verfahren ging es nicht um die Frage, ob Middelhoff schuld an der Pleite ist. Es ging um die Frage, ob er als Vorstandschef den Konzern zu Unrecht mit Kosten belastete, die er eigentlich selbst hätte tragen müssen. In 27 Fällen bejahte das Gericht diesen Vorwurf. Es geht um teure Flüge im Charterjet nach New York, wo Middelhoff im Aufsichtsgremium der „New York Times“ saß; um Reisen mit dem Privatjet zum Ferienhaus nach Saint Tropez und um Hubschrauberflüge vom Wohnsitz in Bielefeld zur Firmenzentrale in Essen, mit denen der Manager die Staus am Kamener Kreuz vermied. Außerdem ging es um eine 180 000 Euro teuere Festschrift zu Ehren des früheren Bertelsmann-Chefs und Middelhoff-Mentors Mark Wössner.

Er habe in 15 Jahren als Richter selten einen Angeklagten erlebt, der sich in so viele Widersprüche verwickelt habe, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Schmitt. So habe Middelhoff anfangs erklärt, er habe bei dem Handelskonzern eine neue Herausforderung gesucht und sei deshalb sogar zu Gehaltseinbußen bereit gewesen.

Doch im Verlauf des Prozesses sei dann offensichtlich geworden, dass der Manager bei einer erfolgreichen Sanierung mit einer Prämie in Höhe von 100 Millionen Euro habe rechnen können. An entscheidenden Stellen sei Middelhoff nicht ehrlich mit dem Gericht gewesen.

Erst nächste Woche weiterer Haftprüfungstermin

Strafmildernd wertete das Gericht das tadelsfreie Vorleben des Angeklagten und seine bisherige Lebensleistung, sowie nicht zuletzt die erhebliche Belastung durch den Medienrummel um das Verfahren. Die Konsequenzen für den Manager sind bitter: Statt in seiner Villa in Saint Tropez oder seiner Residenz in Bielefeld dürfte der Manager die nächsten Nächte in einer Gefängniszelle verbringen.

Erst kommende Woche soll ein weiterer Haftprüfungstermin stattfinden, der die Tore der JVA für den Manager wieder öffnen könnte, wie ein Gerichtssprecher sagte.