Handwerkspräsident Otto Kentzler: „Berufserfolg statt Studienfrust“

Handwerkspräsident Otto Kentzler wirbt um junge Leute. Eine berufliche Ausbildung sei eine Alternative zur Uni.

Düsseldorf. Handwerkspräsident Otto Kentzler (Foto) blickt optimistisch auf das neue Jahr. Der florierende Binnenmarkt werde auch weiterhin eine Stütze seiner Branche sein, so Kentzler. Zugleich beklagt er im Gespräch mit unserer Zeitung den Trend zur „Akademisierung“ in Deutschland, der zu Studienfrust führe.

Herr Kentzler, alle Welt redet von der nahenden Wirtschaftkrise. Wie sind die Aussichten für das Handwerk?

Kentzler: Krise? Das Handwerk hat 2011 ein hohes Umsatzniveau erreicht, an dem auch kleine Verluste 2012 nicht wirklich kratzen konnten. Im neuen Jahr bleibt der florierende Binnenmarkt eine wichtige Stütze, denn die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Einkommen steigen. Ein echtes Sorgenkind wird auch 2013 allein das Kraftfahrzeuggewerbe sein.

Noch sucht ihre Zunft händeringend nach Azubis und Fachkräften. Wird sich das in den nächsten Monaten ändern?

Kentzler: Das wird sich auf lange Sicht nicht ändern. Unsere Betriebe müssen mit weiter sinkenden Schulabgängerzahlen fertig werden. Wir werden ihnen mit gezielten Aktionen für Jugendliche im Rahmen der Imagekampagne Hilfestellung geben. Motto wird sein: „Das Handwerk bringt dich überall hin.“

Hat sich denn die oft beklagte Ausbildungsreife der Schulabgänger verbessert?

Kentzler: Hier ist seit Pisa nicht genug passiert. Viele Handwerksmeister nehmen das mittlerweile in ihrer Not selbst in die Hand und verpassen ihren Azubis Nachhilfestunden. Sonst könnten einige in der Berufsschule gar nicht mithalten. Mit externen Ausbildungsbetreuern versuchen wir, Jugendlichen bei ihren Schwierigkeiten beim Übergang in die Welt der Erwachsenen zu helfen und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden.

Offenbar drängen jedoch mehr junge Menschen an die Unis als in die Betriebe. Wie kann das Handwerk diesen Wettbewerb gewinnen?

Kentzler: Der Trend zur Akademisierung ist fatal. Schauen Sie sich doch an den Massen-Universitäten um: Rund ein Drittel der Studenten gibt frühzeitig auf, in naturwissenschaftlichen Fächern werden mit jeder Zwischenprüfung Leistungsschwächere in großer Zahl ausgesiebt. So kann man mit diesen jungen Leuten doch nicht umgehen! Die Handwerkskammern haben begonnen, gezielt um diese enttäuschten Studenten zu werben. Im Handwerk bekommen sie eine klare Orientierung — und zwar nach oben. Gesellenbrief, Meisterbrief, Selbstständigkeit — Berufserfolg statt Studienfrust.

Die Bundestagswahl wirft ihre Schatten voraus. Woran werden Sie Angela Merkel und Peer Steinbrück messen?

Kentzler: Für uns ist ausschlaggebend, dass auch die nächste Bundesregierung erkennt, wie wichtig für die Stabilität in Wirtschaft und Gesellschaft ein stabiles Handwerk ist.