Hannover Messe: Japan-Krise trübt gute Stimmung kaum

Hannover (dpa) - Ein tiefer Einschnitt, aber kein Anlass zur Panik: Die wirtschaftlichen Folgen des japanischen Jahrhundert-Bebens und der Reaktorkatastrophe von Fukushima sind aus Sicht der deutschen Industrie verkraftbar.

„Das globale Umfeld ist günstig“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, am Montag zum Start der Hannover Messe, der weltgrößten Industrieschau. Die Schäden für die internationalen Lieferketten durch die Ereignisse in Japan dürften sich in Grenzen halten.

Der Atom-GAU in Fernost hat aus Sicht des führenden deutschen Industrieverbands zwar ein fundamentales Umdenken in der Energiefrage nötig gemacht. Auch die langfristigen Folgen des schweren Unglücks für die Weltwirtschaft seien nicht zu unterschätzen, betonte Keitel.

Insgesamt erwartet der BDI für das laufende Jahr aber eine Fortsetzung des Aufschwungs - wenngleich auf einem niedrigeren Niveau als 2010. Nach einem Plus von 3,6 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt den Schätzungen zufolge um 2,5 Prozent zulegen. Bei den Exporten rechnet der BDI mit einem Zuwachs um 7,5 Prozent.

Eine neue Rezession infolge der Japan-Krise halte er für „äußerst unwahrscheinlich“, sagte Keitel. Das Land spiele zwar eine zentrale Rolle als stark vernetzte Volkswirtschaft. Für den deutschen Außenhandel sei Japan jedoch weniger wichtig - im Gegensatz zu China als derzeitiger „Importnation Nummer eins“ für deutsche Ausfuhren. Dennoch: „In einigen Fällen dürfte es sicher zu Störungen kommen.“

Auch die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer blicken ungeachtet der Risiken mit höheren Erwartungen auf das laufende Jahr. Die Auftragseingänge hätten im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 38 Prozent zugelegt, berichtete der Branchenverband VDMA. Dabei ziehe auch die Inlandsnachfrage an - mit einem um 40 Prozent gewachsenen Bestelleingang. Für 2011 erwartet der VDMA jetzt einen Anstieg der Produktion um 14 Prozent, bisher war mit 10 Prozent gerechnet worden.

Allerdings nähmen angesichs der Atomkatastrophe in Japan und des Kriegs in Libyen die mit der Euro-Schuldenkrise gegebenen Konjunkturrisiken nochmals zu. „Niemand kann ausschließen, dass sich die Stimmung eintrübt“, sagte VDMA-Präsident Thomas Lindner. Als Absatzland für die deutsche Industrie sei Japan eher von geringer Bedeutung.

Der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) schraubte seine Wachstumsprognose ebenfalls kräftig nach oben. „Die Elektro-Produktion dürfte in diesem Jahr um 10 Prozent zulegen“, sagte ZVEI-Präsident Friedhelm Loh. Die deutsche Stahlbranche sieht sich gestützt von hohen Investitionen in der Industrie wieder auf Wachstumspfad. Obwohl es neue Risiken gebe, werde sich der Aufschwung 2011 fortsetzen - sogar noch schneller als zur Jahreswende erwartet worden sei, berichtete die Wirtschaftsvereinigung Stahl in Hannover.

Sowohl der BDI als auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderten eine offene Debatte über den angepeilten rascheren Einstieg in die erneuerbaren Energien. „Wenn ich die Proteste einiger Bürgerinitiativen gegen neue Stromleitungen oder gegen Pumpspeicher-Werke sehe, könnte das schon auf einen neuen Zielkonflikt hinauslaufen“, warnte BDEW-Chefin Hildegard Müller. Der Dialog über den Ausbau der „Erneuerbaren“ habe zu kurz gegriffen.