Heimkehr der Goldreserven
Immer mehr europäische Länder planen eine Verlagerung der nationalen Goldreserven ins eigene Staatsgebiet.
Am 21. November meldete die niederländische Zentralbank, dass insgesamt 122,5 Tonnen Gold, die bisher in der Federal Reserve Bank of New York lagerten, aus den USA abgezogen und nach Amsterdam verlegt wurden. Damit erhöht sich die Goldquote in Amsterdam von 11 auf 31 Prozent. In New York werden fortan statt 51 nur noch 31 Prozent der niederländischen Goldreserven verwahrt. Der Rest verbleibt weiterhin in der Bank of Canada in Ottawa und in der Bank of England in London.
Mit dem Abzug der Goldreserven folgt die Zentralbank der Niederlande dem Beispiel der Deutschen Bundesbank, die im vergangenen Jahr bereits fünf Tonnen Gold aus New York nach Frankfurt verlegt hat. Weitere 295 Tonnen sollen bis zum Jahr 2020 folgen. Derzeit liegen mit etwa 1500 Tonnen rund 44 Prozent des deutschen Goldschatzes in den Kellern der New Yorker Federal Reserve. Dieser umfasst insgesamt 3384,2 Tonnen. Deutschland steht damit auf Platz 2 der Länder mit den größten Goldreserven. Mehr Gold befindet sich mit insgesamt 8133,5 Tonnen derzeit nur im Besitz der USA.
Bis 2020 soll sich der Anteil der in New York gelagerten Goldreserven Deutschlands auf 37 Prozent reduzieren. Etwa die Hälfte wird dann in Frankfurt am Main verwahrt. Der Rest lagert weiterhin in den Kellern der Bank of London. Auch in Frankreich werden Forderungen laut, französische Goldreserven in die Heimat zurückzuholen. Dafür plädiert unter anderem die Chefin der Front National, Marine Le Pen. Zudem erhärtet sich der Verdacht, dass auch Belgien eine Rückführung der Goldreserven aus Übersee prüft.
Dass deutsches Gold in so großen Mengen im Ausland lagert, hat historische Gründe. Bis 1970 galt weltweit die Währungsordnung von Bretton-Woods, die vom US-Dollar als Ankerwährung bestimmt wurde. Innerhalb dieses Systems tauschten die USA zu einem festen Kurs von 35 Dollar pro Feinunze Gold. Da Deutschland während der Wirtschaftswunderjahre hohe Exportüberschüsse erzielte, wechselte die Bundesbank regelmäßig D-Mark gegen Dollar. Die so angehäuften Dollarbestände wurden gegen Gold getauscht, das in den Tresoren der US-Notenbank verbleib und so praktisch nie auf deutschen Boden gelangte. Ähnlich verhält es sich mit der Europäischen Zahlungsunion und den Goldreserven in London und Paris.
Deutsches Gold liegt jedoch nicht nur in den Kellern der Bundes- und Zentralbanken im In- und Ausland. Auch bei den Deutschen zuhause finden sich beeindruckende Vorräte des gelben Edelmetalls. Wie aus einer Studie der Berliner Steinbeis-Hochschule hervorgeht, sollen rund 8000 Tonnen in Form von Schmuck, Münzen, Barren oder Zahngold in Privathaushalten aufbewahrt werden. Damit ist diese Anlegeform bei den Deutschen noch beliebter als das Geschäft mit Aktien. Private Goldreserven bieten Sicherheit in Krisenzeiten und können bei Bedarf beliehen oder gewinnbringend verkauft werden.
Warum so viele europäische Länder gerade jetzt in die Rückführung ihrer Goldreserven investieren, löst weltweit Spekulationen aus. Während manche vermuten, die Staaten könnten damit beginnen, in größerem Umfang Gold zu verleihen, glauben andere an ein baldiges Ende des Fiat-Geldsystems zugunsten eines Goldstandards. Auch werden Stimmen laut, die den offiziellen Goldbeständen der USA misstrauen. Sicher ist jedoch, dass im westlichen Teil des Zentralbankensystems Risse sichtbar werden.