Hypo Real Estate: Aktionäre fordern eine Milliarde
Hat die HRE ihre Anleger zu spät über die Krise informiert? Richter hat Hinweise darauf.
München. Sie gilt als das Sinnbild der Finanzkrise in Deutschland — die Hypo Real Estate (HRE). Ihre Rettung kostete den Steuerzahler Milliarden, auch die HRE-Aktionäre verloren viel Geld.
Jetzt wird der Fall vor dem Münchner Oberlandesgericht aufgerollt: Ein Ex-Aktionär wirft der Bank und zwei ihrer Ex-Vorstandschefs vor, den Kapitalmarkt über den wirtschaftlichen Zustand der HRE getäuscht zu haben und für seine Spekulationsverluste verantwortlich zu sein. Der Musterkläger wird von verschiedenen „Nebenintervenienten“ aus dem In- und Ausland unterstützt. Es geht insgesamt um eine Milliarde Euro.
Richter Guido Kotschy macht den jeweils in Zweierreihen sitzenden Anwälten gestern in überraschend deutlichen Worten klar, wie sein Zivilsenat vorläufig einige Sachen sieht. Er sprach von einer Informationslücke, die das Management der Bank habe entstehen lassen. Falls der Kläger Recht bekommt, müsste der Bund und damit der Steuerzahler haften.
Worum geht es? Am 15. Januar 2008 hatte die Bank in einer Ad-Hoc-Mitteilung, einer Pflichtmitteilung für die Finanzmärkte, massive Belastungen bekanntgegeben und die Börse geschockt. Innerhalb eines Tages brach die Aktie um mehr als ein Drittel ein und sackte danach weiter ab. Das kostete die Aktionäre viel Geld. Kotschy sagt deutlich, dass es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Mitteilung zu spät kam. Die HRE bestreitet dies.
Für Kotschy liegt der Schicksalstag der HRE in diesem Verfahren einige Wochen zuvor. Es ist der 3. August 2007. Damals nämlich hatte die HRE in einer Pressemitteilung nicht nur ihre Prognosen für das Geschäftsjahr bestätigt, sondern auch geschrieben: „Die Hypo Real Estate Group bestätigt auch ihre bisherige Aussage, aus der Krise um die US-Subprime keine negativen Belastungen zu erwarten.“ Das sei nicht nur zu optimistisch gewesen, sagt Kotschy. Es habe auch eine Informationslücke entstehen lassen, die von der Bank früher hätte geschlossen werden müssen.
„Man fühlt sich ein wenig an das Gorbatschow-Zitat erinnert“, sagt Kotschy. Dem früheren sowjetischen Staatschef wurde 1989 die an die DDR-Führung adressierte Warnung zugeschrieben: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Für das Münchner Oberlandesgericht ist die Mitteilung ein Dreh- und Angelpunkt, zu dem am Donnerstag auch der damalige HRE-Chef Georg Funke befragt werden dürfte. Er hat seinen ersten öffentlichen Auftritt in Deutschland, seit er nach seinem Abgang bei der HRE nach Mallorca zog, um mit Ferienimmobilien zu handeln.
Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt sieht die Kläger nach dem ersten Tag gestärkt. Dass der Streit vor dem Oberlandesgericht enden wird, glaubt sie nicht. Sie rechne damit, dass die unterlegene Partei vor den Bundesgerichtshof zieht. „Das ist hier dann nicht zu Ende, das braucht keiner glauben.“