IG-Metall-Spitze scheitert mit Vorstandsreform

Karlsruhe (dpa) - Ein zentrales Projekt der IG-Metall-Führung hat auf dem Gewerkschaftstag in Karlsruhe Schiffbruch erlitten. Der Plan für die Verkleinerung der Vorstandsspitze von sieben auf nur noch fünf geschäftsführende Mitglieder scheiterte.

Der vom Vorstand selber eingebrachte Antrag zur entsprechenden Änderung der Satzung verpasste die nötige Zweidrittelmehrheit. Von den 471 gültigen Stimmen der an der Abstimmung teilnehmenden Delegierten entfielen nur 305 auf Ja. 314 und damit 9 Stimmen mehr wären für die Hürde nötig gewesen. Die Entscheidung war auch ein Politikum: Das einzige CDU-Mitglied hätte im Falle der Verkleinerung ausscheiden sollen. Im neuen, immer noch siebenköpfigen Vorstand sitzt die CDU-Frau nun dennoch nicht mehr.

Die Gewerkschaft beraumte nach dem unerwarteten Ergebnis eine mehr als zweistündige Pause an. Auch der Zeitplan der ursprünglich noch für Dienstag anstehenden Wahlen der Vorstandsspitze geriet völlig durcheinander: sie starteten Stunden später erst am späten Abend.

Das Nein zu dem Antrag hatte sich schon abgezeichnet: Eine anfangs zur Abstimmung gestellte Empfehlung für die geplante Reform hatte die Zweidrittelmehrheit ebenfalls verpasst. Erst dadurch wurde die finale Abstimmung über den Antrag nötig: Und endete sogar mit noch weniger Ja-Stimmen als beim Meinungsbild der anfänglichen Empfehlung.

Als Folge der abgelehnten Reform schien es zunächst so, als könne das einzige CDU-Mitglied in der Vorstandsspitze, Regina Görner, den Platz in der Führungsebene doch noch behalten. Ihr absehbares Ausscheiden wegen der zwei zu reduzierenden Plätze hatte im Vorfeld zu kontroversen Diskussionen geführt. Auch direkt vor der Abstimmung erfolgte eine teils hitzige Debatte, die einige Stunden dauerte. Seit Jahrzehnten ist es in der tief sozialdemokratisch geprägten IG Metall Tradition, auch die Christlich-Sozialen in ihrer Spitze dabeizuhaben. Am Abend kandidierte Görner aber nicht erneut. Ein IG-Metall-Sprecher sagte, diese Entscheidung stehe vor dem Hintergrund der geplanten Verjüngung des Vorstandes und habe nichts mit Parteienproporz zu tun.

Neben der Entscheidung für oder gegen Görner stritten die Redner auch darüber, welche Bedeutung eine kleinere Führungsebene für die zentralen Ziele der IG Metall haben könnte: Mitbestimmung in der Arbeitswelt und Mitgliedergewinnung. Einige Redner plädierten für einen großen hauptamtlichen Vorstand, der von oben herab steuere, mit Konzepten anleite und vorausdenke. Andere hielten dagegen, dass die regionalen Gewerkschaftebenen über den Erfolg entschieden und die Verzahnung mit den Betrieben wichtiger sei als die Arbeit der Spitze.

So oder so: Das Ergebnis ist eine symbolische Niederlage für das Führungstandem der IG Metall: Berthold Huber und Detlef Wetzel. Vor allem Letzterer gilt als Stratege für die interne Organisation in der größten Einzelgewerkschaft Europas, deren Hauptsitz in Frankfurt am Main von Kritikern Zentralismus und Aufgeblähtheit nachgesagt wird.

Huber mühte sich direkt im Anschluss an das Votum, die Wogen zu glätten: „Das ist zu respektieren und dafür werde ich als überzeugter Demokrat auch immer einstehen.“ Er betonte, dass die Vorstandszahl nicht über das Wohl oder Wehe der ganzen Organisation entscheide. „Gewerkschaftliche Existenzfragen sind andere“, sagte Huber.

Am Abend stärkte die Basis ihrem Chef aber demonstrativ den Rücken und bestätigte ihn mit einem Traumergebnis von 96,2 Prozent der Stimmen im Amt - das waren noch einmal fast vier Punkte mehr als bei seiner ersten Wahl an die Gewerkschaftsspitze vor vier Jahren. „Danke für diese extrem hohe Zustimmung“, sagte Huber nach seiner Wahl über das eindeutige Votum einer wieder geschlossen wirkenden IG Metall.

Vize Wetzel dagegen musste einen kleinen Dämpfer hinnehmen: 83,8 Prozent Zustimmung für ihn waren am Dienstagabend zwar auch ein hohes Ergebnis - 2007 hatte er aber noch 87,4 Prozent auf sich vereint.

Fast ungeteilte Zustimmung erhielt Hauptkassierer Bertin Eichler: 97,9 Prozent. Zum Ende standen noch die - wie bisher - vier weiteren geschäftsführenden Vorstandsmitglieder zur Abstimmung an. Es kandidierten erneut Helga Schwitzer und Hans-Jürgen Urban. Neu zur Wahl stellten sich die 43-jährige Christiane Benner und der ein Jahr jüngere Jürgen Kerner. Gegenkandidaten für die Ämter gab es keine.

Der in Augsburg geborene Kerner ist SPD-Mitglied. Ob die gebürtige Aachenerin Benner ein Parteibuch hat, wusste der Sprecher nicht. Sie war während ihrer Studentenzeit Stipendiatin der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die allerdings parteiunabhängig fördert.