Immobilien: Hohe Baunebenkosten schrecken Kaufinteressenten ab
Die Grunderwerbsteuer ist der größte Preistreiber. Eine Diskussion um Freibeträge ist entbrannt.
Berlin. Baukredite sind günstig wie nie. Trotzdem hat sich die Wohneigentumsquote in den letzten Jahren kaum verändert. Nicht einmal jeder zweite Haushalt in Deutschland (45 Prozent) lebt in den eigenen vier Wänden. Das liegt an den stark gestiegenen Immobilienpreisen, aber auch an den explodierenden Nebenkosten beim Kauf. Eine gestern veröffentlichte Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wie sich der Staat mit der Grunderwerbsteuer eine goldene Nase verdient, und welche Reformen möglich wären.
Was sind die Kaufnebenkosten?
Unter die Kaufnebenkosten fallen die Gebühren für den Notar und die Eintragung ins Grundbuch. Hinzu kommen die Grunderwerbsteuer sowie eine mögliche Maklergebühr. All diese Posten können sich auf bis zu 16 Prozent des eigentlichen Kaufpreises für die Immobile summieren. Das Problem: Die Kaufnebenkosten können nicht über Kredit finanziert werden, weil ihnen keine Sicherheit gegenübersteht. Dafür braucht der Käufer entsprechendes Eigenkapital, das dann bei der Baufinanzierung fehlt.
Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?
Praktisch nirgendwo in Europa sind die Kaufnebenkosten so hoch wie hierzulande. So fallen laut IW in den Niederlanden für eine Immobile zum Kaufpreis von 250.000 nur etwa 6.500 Euro an Zusatzkosten an. Darin eingeschlossen sind die Notar- und Grundbuchgebühren sowie die Grunderwerbsteuer. In Deutschland dagegen werden bei gleicher Ausgangslage gut 20.000 Euro fällig, also mehr als drei Mal so viel wie in den Niederlanden. Kommen dann noch Maklergebühren oben drauf, - sie sind in den Niederlanden ebenfalls deutlich geringer - können die Nebenkosten sogar auf bis zu 29.000 Euro hochschnellen.
Was treibt die Kosten am stärksten?
In erster Linie die Grunderwerbsteuer. Noch bis 2006 lag sie bundeseinheitlich bei 3,5 Prozent vom Kaufpreis. Mit der dann verabschiedeten Föderalismusreform durften die Länder fortan den Prozentsatz selbst festlegen. In Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Thüringen und dem Saarland werden mittlerweile 6,5 Prozent auf den Kaufpreis fällig. Die meisten anderen Länder verlangen zwischen fünf und sechs Prozent. Ein Grund: Wer hohe Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer erzielt, profitiert auch stärker vom Länderfinanzausgleich. Nur in Sachsen und Bayern gelten noch 3,5 Prozent. Mehr als die Hälfte der Einnahmen aus den reinen Landessteuern entfällt mittlerweile auf die Grunderwerbsteuer. 2016 lag das Aufkommen bei 12,4 Milliarden Euro.
Welche Reformen sind denkbar?
Das IW sieht grundsätzlich zwei Möglichkeiten: eine Rückkehr zum einheitlichen Grunderwerbsteuersatz von 3,5 Prozent oder eine Einführung von Freibeträgen. Vorbild dafür ist Großbritannien. Bis zu einem Kaufpreis von 125.000 Pfund wird dort gar keine Grunderwerbsteuer fällig. Darüber hinaus aber steigt der Steuersatz entsprechend des Immobilienwerts an. Ab 1,5 Millionen Euro gilt ein Höchstsatz von zwölf Prozent.
Was sagt die Politik?
SPD und Union haben bereits Konzepte für eine Entlastung von Eigenheimerwerbern vorgelegt, mit denen sie im Wahlkampf punkten wollen. Die offiziellen Pläne basieren aber allesamt auf direkten Zuschüssen (etwa ein Baukindergeld). Von der Grunderwerbsteuer ist nicht die Rede. Aus der Unionsfraktion kommt jedoch der Vorschlag, die Freibetragsidee aufzugreifen. So könnten 100.000 Euro des Kaufpreises nicht auf die Grunderwerbsteuer angerechnet werden. Die FDP, die das IW-Gutachten in Auftrag gegeben hatte, macht sich für einen Freibetrag von 500.000 Euro für die erste selbstgenutzte Immobile stark. Die Einnahmeausfälle der Länder sollen vom Bund ausgeglichen werden. Es sei "inakzeptabel, jungen Familien mit einer Art Strafsteuer den Erwerb einer selbst genutzten Immobile zu erschweren", meinte FDP-Chef Christian Lindner.