Industrie sieht Rohstoffversorgung in Gefahr
Berlin (dpa) - Die deutsche Industrie sorgt sich um ihre Versorgung mit Rohstoffen. „Die Politik muss das Thema Rohstoffsicherheit wieder auf die politische Agenda setzen“, forderte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo, in Berlin.
Wegen der Digitalisierung und der Energiewende steige die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen wie etwa Seltenen Erden oder Lithium deutlich. „Ausgerechnet für etliche dieser Rohstoffe ist die sichere Versorgung der Industrie in Gefahr“, warnte Grillo.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mahnte die Industrie, auch heimische Rohstoffe wie Kies oder Mineralien nicht aus dem Blick zu verlieren - auch „wenn diese nicht so sexy sind wie Seltene Erden“. Er verwies auf den riesigen Bedarf an Baustoffen für die Energiewende sowie die Infrastruktur für moderne Zukunftstechnologien.
Der Vize-Kanzler rief die deutsche Wirtschaft auf, sich stärker in Ländern mit hohen Rohstoffvorkommen an der Förderung zu beteiligen. Unternehmen sollten sich nicht zweimal von Ländern einladen lassen, die sich nicht in die Abhängigkeit von China begeben wollten. Zudem überlegten Länder wie Saudi-Arabien, wie sie künftig angesichts des Welt-Klimaabkommens mit Rohstoffen wie Erdöl umgehen. Gabriel sprach sich im Zusammenhang mit der Rohstoffsicherung erneut für weitere Schritte zum Abbau der Spannungen mit Russland aus: „Russland braucht Europa, aber wir brauchen auch Russland.“
Grillo forderte von der Bundesregierung, sich für den Abbau von Handelsbeschränkungen einzusetzen, um eine sichere Versorgung der Wirtschaft gewährleisten zu können. Ausfuhrbeschränkungen betreffen nach Darstellung des BDI bei einzelnen Rohstoffen fast das komplette weltweite Angebot.
„In der nationalen Rohstoffstrategie muss die Versorgung der deutschen Industrie mit Primärrohstoffen wieder stärker in den Vordergrund rücken“, sagte Grillo. Der Mehrbedarf der Industrie an kritischen Rohstoffen lasse sich nicht allein mit mehr Recycling und ressourceneffizienter Produktion auffangen. China hatte zuletzt nach Differenzen in der Welthandelsorganisation (WTO) zumindest einen Teil der Export-Restriktionen aufgehoben.
Nach einer Studie im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) wachse etwa die Nachfrage nach Lithium bis zum Jahr 2035 auf beinahe das Vierfache der heutigen Produktion. Lithium sei ein zentraler Rohstoff für das Gelingen der Energiewende. Er sei nötig für leistungsfähige Batterien in der Elektromobilität und zum Speichern von Strom aus Wind und Sonne. Der erwartete Nachfrageboom wirke sich bereits heute am Rohstoffmarkt aus. Allein in den vergangenen zwölf Monaten habe sich der Lithiumpreis verdreifacht.