Inflation zehrt Erspartes auf
Experten schlagen Alarm: Die Sparer tappen in die Realzinsfalle. Die Teuerungsrate ist höher als die Zinsen.
Frankfurt. Experten schlagen Alarm: Die extrem niedrigen Zinsen in Europa vernichten das Vermögen der Deutschen und belasten die private Altersvorsorge. Das Problem: Derzeit sind die Zinsen für Anlagen in sichere, festverzinsliche Produkte wie Termingelder, Spareinlagen oder auch Bundesanleihen deutlich niedriger als die Inflationsrate. Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater warnt: „Damit ist die reale Verzinsung, das heißt Zinsen minus Inflation, negativ. Der Sparer tappt in die ,Realzinsfalle’.“
Nach Berechnungen der Postbank verlieren die Sparvermögen bei Banken in Deutschland allein in diesem Jahr real 14 Milliarden Euro an Wert. Sollte die Inflationsrate im kommenden Jahr auf 2,0 Prozent ansteigen, würde sich die reale Entwertung auf 21 Milliarden Euro erhöhen.
An sich ist die Inflation in Deutschland derzeit im gewünschten Rahmen. Im Juli kletterte sie zwar auf 1,9 Prozent und damit auf den höchsten Wert des Jahres. Sie liegt aber weiter unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank, die eine Jahresteuerung knapp unter zwei Prozent anstrebt. Da die Notenbank im Kampf gegen die Krise im Euroraum jedoch den Leitzins auf das Rekordtief von 0,5 Prozent gedrückt hat, werfen Sparbücher weniger ab, als die Inflation real nimmt. „Der Feind des Sparers ist die Inflation“, betont Postbank-Chefinvestment-Stratege Marco Bargel.
Ökonom Kater spricht von finanzieller Repression: Die verschuldeten Euro-Staaten bauen ihre Schulden auf Kosten der Sparer ab. Auch von schleichender Enteignung ist die Rede. Dabei ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, wie Kater betont: „Die Wirkung der niedrigen Zinsen auf das Geldvermögen wird sich jedes Jahr etwas erhöhen, weil höhere Zinsbindungen auslaufen und durch niedriger verzinste Anlagen ersetzt werden.“ Das angelegte Geld verliere stetig an Kaufkraft.
Der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken betont, dass Sparzinsen unterhalb der Inflationsrate auch die private Altersvorsorge in Deutschland gefährden. Eigentlich müsse die private Vorsorge erhöht werden, um die Kürzungen der Leistungsansprüche aus dem staatlichen Sozialversicherungssystem zu kompensieren, sagt BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin. Doch das Gegenteil sei der Fall, die Sparquote sei auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2003 gesunken.
GDV-Präsident Alexander Erdland malt ein düsteres Bild: „Wenn die Zinsen nicht bald wieder auf ein marktgerechtes Niveau steigen, entsteht ein riesiges Folgeproblem: Große Lücken in der privaten Altersversorgung der künftigen Rentner.“
Deshalb fordert Bundesbankpräsident Jens Weidmann: „Die Leitzinsen sollten rechtzeitig wieder angehoben werden.“ Andernfalls bekämen insbesondere Sparer die Folgen niedriger Zinsen zu spüren: „Liegen die Zinssätze für Sparanlagen unterhalb der Inflationsrate, dann wird die Geldanlage zum Verlustgeschäft. Vorsorgen und Sparen wird so immer unattraktiver.“