Institut: Ost-Wirtschaft holt den Westen nicht ein
Halle (dpa) - Die ostdeutsche Wirtschaft kann trotz eines kräftigen Wachstums nicht zum Westen aufholen.
In diesem Jahr werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den östlichen Bundesländern preisbereinigt um 1,8 Prozent zulegen, in Westdeutschland aber um 2,0 Prozent steigen, erklärte das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) am Montag. Damit sei der Rückstand zum Wachstum im Westen allerdings geringer als in den Jahren zuvor.
Im ersten Quartal war die Ost-Wirtschaft nach früheren Angaben des IWH noch stärker gewachsen. In den fünf ostdeutschen Ländern ohne Berlin kletterte das BIP real um 1,2 Prozent und damit doppelt so stark wie im Westen - unter anderem wegen der milliardenschweren Hilfen von Bund und Ländern nach dem Hochwasser.
Das insgesamt recht kräftige Wachstum der ostdeutschen Wirtschaft im laufenden Jahr führen die Forscher auf die bessere Konjunktur in wichtigen Exportmärkten für ostdeutsche Firmen zurück. Dies seien neben dem Euroraum auch die mitteleuropäischen Nachbarn. Die Folgen des Ukraine-Konflikts seien dagegen begrenzt, da Russland vergangenes Jahr nur etwa 3,5 Prozent der ostdeutschen Exporte abgenommen habe.
Den Rückstand zum Wachstum im Westen erklären die Experten vor allem mit der sinkenden Bevölkerung und dem abnehmenden Potenzial von Erwerbstätigen im Osten. Die strukturellen Rückstände verringerten sich seit einigen Jahren kaum mehr, heißt es in der Studie.
Nach den IWH-Berechnungen liegt das BIP je Einwohner im Osten bei 67 Prozent des Westniveaus. Beim verfügbaren Einkommen seien rund 84 Prozent erreicht. Der Unterschied sei durch die Einkommen der Pendler und Umverteilung über das Rentenversicherungssystem zu erklären.
Der preisbereinigte Konsum je Einwohner liege bei rund 90 Prozent des Westniveaus, wobei die Forscher ein etwa sechs Prozent niedrigeres Preisniveau unterstellen.
Als entscheidend für die weitere Entwicklung nennen die Forscher die Entwicklung der Nachfrage im europäischen Raum und die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern, wodurch Alterung und Schrumpfung der ostdeutschen Bevölkerung abgemildert werden könnten.
Mit der Einführung des Mindestlohns im kommenden Jahr erwartet das IWH, dass der Durchschnittslohn im Osten deutlich stärker steigt als im Westen, weil nach Schätzungen rund jeder fünfte Arbeitnehmer im Osten für weniger als 8,50 Euro arbeite.