Irland & Co: Kein Ende der Milliardenhilfen

Berlin/Brüssel/Lissabon (dpa) - Portugal, Griechenland und Irland: Die Milliarden-Hilfspakete für die Euro-Krisenländer drohen immer größer zu werden. Allein 24 Milliarden Euro als zusätzliche Finanzspritze benötigen Irlands krisengeschüttelte Banken.

Portugal werde angesichts der verfehlten Sparziele kaum umhin können, unter den Euro-Rettungsschirm zu schlüpfen, erwarten die meisten Finanzexperten. Auch für Griechenland gehen viele davon aus, dass die bisherigen Hilfsprogramme nicht ausreichen. Für Irland wollen Euro-Länder, EZB und IWF die Hilfen nun zügig bereitstellen, wie sie am Donnerstagabend versicherten.

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die Kreditwürdigkeit von Irland indes um eine Note gesenkt. Die Bonität werde jetzt nur noch mit „BBB+“ bewertet, nachdem sie zuvor noch bei „A-“ gelegen habe, teilte S&P am Freitag in London mit.

S&P begründete die Entscheidung mit den Ergebnissen des jüngsten EU-Gipfels. Dieser hatte für den ab 2013 geltenden Rettungsmechanismus eine Umschuldung nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Note „BBB+“ liegt drei Noten über dem sogenannten „Ramschniveau“. Der Ausblick sei aber jetzt stabil, teilte S&P mit. Es drohe also zunächst keine weitere Herabstufung. Der am Donnerstag veröffentlichte Bankenstresstest sei glaubwürdig, schreibt die Ratingagentur.

Auch an den Börsen löste der Milliardenbedarf der irischen Banken nur kurz Verunsicherung aus, am Freitag ging es sogar wieder aufwärts. Händlern zufolge wirkt der Ausgang der irischen Banken-Stresstests positiv, da Schlimmeres befürchtet worden war. Der marode irische Bankensektor brauche zwar eine weitere Milliarden-Finanzspritze. Im Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) über insgesamt 85 Milliarden Euro vom vergangenen November seien aber bereits 35 Milliarden Euro für die Banken vorgesehen.

Kritischere Stimmen verwiesen jedoch darauf, dass diese Summe zum größten Teil ausgeschöpft werden musste, denn bei den Banken drohten weiter hohe Abschreibungen vor allem auf Immobiliendarlehen. Bundesbankpräsident Axel Weber hatte sich gegen eine umfassende Rettung der irischen Banken mit neuen Steuergeldern ausgesprochen: Es dürfe keine Blanko-Garantien für die Geldhäuser geben.

EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der IWF beschwichtigten in einer gemeinsamen Mitteilung vom Donnerstagabend: Der Kapitalbedarf Irlands könne bequem mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gedeckt werden. Die Stresstests und die umfassenden Informationen durch die irischen Behörden seien ein bedeutender Schritt hin zur Wiederherstellung des irischen Banksystems. Die Bewertungen seien „gründlich und transparent“ gewesen.

Von den 24 Milliarden Euro wolle Irland zudem selbst zehn Milliarden Euro aus einem Pensionsfonds aufbringen. Als Kreditaufnahme beim Rettungsfonds würden somit 14 Milliarden Euro bleiben. Irlands Finanzminister Michael Noonan kündigte eine drastische Schrumpfung des irischen Bankensektors an, Banken sollen verschmolzen, Bankenwerte verkauft werden. Die Bank of Ireland und der Baufinanzierer Irish Live and Permanent könnten unter staatliche Kontrolle kommen. Die Bankenlandschaft solle sich künftig auf nur noch zwei landesweit agierende Institute stützen.

Irlands Zentralbank bezifferte den Zuschussbedarf der Banken seit Beginn der umfassenden Finanzkrise allein auf 70 Milliarden Euro. Der Kapitalbedarf war immer wieder aufgestockt worden. Zur neuerlichen Kapitalspritze sagte der irische Premierminister Enda Kenny: „Ich hoffe sehr, dass dies nun die abschließende Summe ist.“ Kenny soll im Gegenzug für die Rettungshilfen nun ein knallhartes Sparprogramm durchziehen. Zu einer Anhebung der extrem niedrigen Unternehmenssteuern, wie von Deutschland oder Frankreich gefordert, ist er aber weiter nicht bereit. Auf der anderen Seite unterstützt Brüssel Dublins Wunsch nach Zinssenkungen für die europäischen Hilfsmilliarden. „Es würde Sinn machen, eine günstigere Preisformel zu haben“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommisssar Olli Rehn am Freitag in Brüssel. Es sei aber an den Mitgliedstaaten der Eurozone, über die Konditionen der Rettungskredite an die grüne Insel zu entscheiden.

Verglichen mit Portugal und Griechenland gilt die Lage in Irland als vergleichsweise stabil. Als zur Zeit größter „Wackelkandidat“ der EU bereitet Portugal erheblich größere Sorgen. Am Donnerstag wurde bekannt, dass das hoch verschuldete Euro-Land sein Sparziel für 2010 entgegen der bisherigen Regierungsankündigung deutlich verpasst hat. Die scheidende Regierung hatte sich gegenüber der EU zu einem Defizit von 7,3 Prozent verpflichtet und bis zuletzt versichert, man habe das Ziel auch erreicht. Der Fehlbetrag lag aber tatsächlich bei 8,6 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Zugleich verschlechtern sich die Konditionen am Finanzmarkt für Portugal zusehends. Doch politische Entscheidungen sind blockiert: Vor den Neuwahlen in rund zwei Monaten schloss Lissabon einen Hilfsantrag aus. Kürzlich war Ministerpräsident José Sócrates zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für das jüngste Sparpaket gefunden hatte. Seit dem Rücktritt klettern die Renditen für portugiesische Staatsanleihen auf neue Rekordhöhen und schnüren dem Land die Luft am Kapitalmarkt ab.

Auch Griechenland gerät immer tiefer in den Schuldensumpf - obwohl die EU-Kommission den Schuldensünder verteidigt: Beim Sparen sei Athen auf Kurs. Experten rechnen aber angesichts der ausufernden Zinsen, die das Land am Kapitalmarkt zahlen muss, damit, dass Griechenland in den nächsten Monaten um eine Aufstockung des Hilfsprogramms bitten muss. Im vergangenen Jahr hatten die Europäer und der Internationale Währungsfonds ein Rettungspaket von 110 Milliarden Euro geschnürt, um Athen vor der drohenden Pleite zu bewahren.