Italiens Notenbankchef für Staatsanleihenkäufe durch EZB
Berlin (dpa) - Noch anderthalb Wochen, dann treffen sich die Top-Notenbanker der Eurozone. Dann könnten sie neue Sondermaßnahmen beschließen, um die Wirtschaft vor dem Absturz zu bewahren. Doch der Kurs der EZB ist umstritten - vor allem in Deutschland.
Im Kampf gegen einen Absturz der Wirtschaft in der Eurozone hat sich Italiens Notenbankchef Ignazio Visco für Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) stark gemacht. „Staatsanleihenkäufe sind in dieser Situation das wirksamste Mittel“, sagte Visco der „Welt am Sonntag“. Im EZB-Rat würden zwar verschiedene Möglichkeiten diskutiert, auch der Kauf anderer Wertpapiere, beispielsweise Unternehmensanleihen. „Aber dieser Markt ist nicht besonders groß. Außerdem finanzieren sich dort vor allem große Konzerne, die ohnehin bereits sehr günstig an Geld kommen.“ Visco stellt sich damit gegen Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der ein solches Kaufprogramm kritisch sieht.
Der EZB-Rat wird am übernächsten Donnerstag (22. Januar) über eine weitere Lockerung der Geldpolitik beraten. Im Zentrum steht eine mögliche Entscheidung über ein Anleihekaufprogramm nach Vorbild beispielsweise der US-Notenbank Fed. Auf diesem Weg würde die EZB Milliarden in die Wirtschaft pumpen, in der Hoffnung, damit die Konjunktur anzukurbeln und zugleich die Teuerungsrate wieder in Richtung ihrer Zieles von knapp unter 2,0 Prozent zu treiben. Andernfalls wird eine so genannte Deflation befürchtet, das ist eine gefährliche Spirale aus sinkenden Preisen und schrumpfender Wirtschaft.
Über ein Anleihekaufprogramm - im Fachjargon „Quantitative Easing“ (QE - „Quantitative Lockerung“)wird seit Wochen in der EZB-Spitze kontrovers diskutiert. Dass die Vorbereitungen laufen, hatte EZB-Präsident Mario Draghi mehrfach bekräftigt. Zuletzt hatte das deutsche Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger vor einem solchen Schritt gewarnt: „Der Ankauf von Staatsanleihen ist für mich die Ultima Ratio der Geldpolitik“, hatte sie gesagt. „Der Nutzen und die Risiken eines solchen Programms müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Das sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.“
Der Italiener wies Bedenken zurück: „Das ist ein Standard-Instrument der Geldpolitik“, sagte er. „Wir nennen das nur unkonventionell, weil es in Europa so lange nicht genutzt wurde.“ Visco erinnerte auch an die aktuelle Erwartungslage: Die Finanzmärkte hätten ein solches Programm in Europa „schon in gewissem Maße eingepreist“.
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts Ifo-Chef, Hans-Werner Sinn, sprach sich strikt gegen den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) aus. Das sei eine „monetäre Staatsfinanzierung“, die die EU-Verträge verbieten würden, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).