Italiens Problembanken - Muss der Steuerzahler ran?
Rom/Brüssel (dpa) - Seit Jahren schwelt in Italien eine Bankenkrise. Nun versucht die Regierung den Befreiungsschlag und will Milliarden an Steuergeld in die Institute pumpen. Doch genau das wollte die Politik nach der Finanzkrise 2008 eigentlich für immer ausschließen.
Wie schlecht geht es den Banken Italiens?
In den Bilanzen haben sich nach offiziellen Angaben faule Kredite von 360 Milliarden Euro angehäuft. Das entspricht einem Drittel der gesamten Problemdarlehen in der Eurozone. Bei fast jedem fünften Kredit in Italien ist die Rückzahlung in Gefahr. Und auch das dürfte noch nicht das volle Ausmaß sein. Wegen des Nullzinsumfelds lassen Banken viele Kredite noch ohne Tilgung weiterlaufen. Einfach loswerden können die Institute die Papiere nicht. Das würde zu hohen Verlusten führen, für die sie wohl nicht genügend Kapital hätten.
Wie konnte es zu dieser bedrohlichen Lage kommen?
Die jahrelange Krise hat Italiens Wirtschaft und damit den Banken schwer zugesetzt. Hinzu kommen aber auch hausgemachte Probleme, etwa eine viel zu laxe Kreditvergabe. Zudem ist der Bankensektor weiter stark zersplittert und wenig effizient. Lange scheute die Politik Reformen etwa des Insolvenzrechts oder bei Bankenfusionen.
Was heißt das für die Wirtschaft des Landes?
Es ist ein Teufelskreis. Schwache Banken vergeben weniger Kredite. Das bremst die Wirtschaftsentwicklung. Doch gerade die Geldhäuser sind wiederum auf eine starke Wirtschaft angewiesen, um ihre Bilanzen aus eigener Kraft zu stärken.
Muss also der Staat eingreifen?
Das sieht die Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi so. Sie will Banken mit Milliarden frischem Kapital ausstatten. Unterstützung erhält sie von der Finanzindustrie. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Italien nun seine Banken rekapitalisieren muss, um Schlimmeres zu verhindern“, sagt etwa der Vizepräsident des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, Philipp Hildebrand.
Droht eine Systemkrise?
„Wenn man jetzt eine italienische Großbank pleitegehen ließe, dann erzeugte man eine Ansteckung bei den Banken in ganz Europa“, meint Blackrock-Manager Hildebrand. Zig Milliarden haben allein deutsche Banken in Italien im Feuer. Schwache Banken gibt es auch anderswo - bedrohlich erscheint die Lage etwa weiter in Griechenland und Portugal. Den einen großen Schock erwartet Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau diesmal aber nicht, er sieht vielmehr eine lange Abwärtsspirale.
Warum tut sich Europa aber so schwer mit dem Befreiungsschlag?
Steuermilliarden für die Rettung von Banken sollten nach den dunklen Erfahrungen der Finanzkrise 2008/2009 eigentlich der Vergangenheit angehören. So gilt seit Jahresbeginn in der EU die Vorgabe, dass bei einer Schieflage zunächst Eigentümer und Gläubiger einer Bank an den Rettungskosten beteiligt werden müssen. „Die Probleme müssen in den Banken geregelt werden“, fordert Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mit voller Rückendeckung aus Deutschland. Er kritisiert, mit welcher Leichtigkeit einige Banker wieder öffentliche Gelder fordern.
Warum will Italien Bank-Investoren schützen?
Bei den angeschlagenen Regionalbanken sind es vor allem kleine Sparer, die deren Anleihen halten. Sie wurden ihnen als sichere Alternative zu den zinslosen Einlagen empfohlen. Diese Kleinanleger müssten teuer dafür bezahlen, wenn die Banken nun regelkonform gerettet würden. Versucht hat Italien das schon Ende 2015 bei vier kleinen Instituten. Es kam zu massiven Protesten. Seitdem gilt dieser Weg für die Regierung als nicht mehr gangbar.
Wanken die neuen Haftungsregeln?
Sie haben das Misstrauen von Investoren erheblich gesteigert und verschärfen die aktuelle Krise. Darunter leidet auch die Deutsche Bank. Das Problem ist nach Einschätzung von Kritikern, dass Europa das neue System eingeführt hat, ohne zuvor sein Bankensystem zu sanieren. Das müsse der Kontinent nun dringend nachholen, fordert etwa Blackrock-Mann Hildebrand. Notfalls müssten auch die Regeln gebrochen werden, meint der Chefvolkswirt der Deutschen Bank. „Das Bankensystem zu ruinieren wäre deutlich riskanter.“ Ganz ausgeschlossen sind neue Staatshilfen aber auch nach den neuen Regeln nicht - etwa wenn eine Systemkrise verhindert werden muss oder beim Ende Juli anstehenden europäischen Banken-Stresstest neue Kapitallöcher auftreten.
Gibt es Hoffnung?
Neue Steuermilliarden können dazu führen, dass Reformen wieder aufgeschoben werden. Das leuchtende Gegenbeispiel sind die USA. In der Finanzkrise zwang die dortige Regierung Geldhäusern massenhaft Staatsgeld auf und setzte eine harte Sanierung durch. Heute stehen die Banken dort viel stabiler da und schreiben Rekordgewinne. Die Staatsgelder haben sie mit Zinsen zurückgezahlt.