IWF und EU prüfen Ungarns Hilfsgesuch
Budapest/Washington/Brüssel (dpa) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die EU wollen Ungarns Bitte um finanzielle Unterstützung prüfen. Dies bestätigten beide Institutionen in Washington und in Brüssel.
Über Art und Umfang der Hilfe wurden von keiner Seite Angaben gemacht. Ungarn hatte wenige Tage zuvor überraschend um Hilfe gebeten, nachdem die Regierung kurz vorher noch den Gang zum IWF strikt abgelehnt hatte.
Ungarns Wirtschaftsminister György Matolcsy bekräftigte unterdessen am Montag in Budapest, dass Ungarn von IWF und EU ein „finanzielles Schutznetz“ brauche zur Absicherung des zu erwartenden Wachstums. Es gehe um ein „nicht traditionelles“ Abkommen, Ungarn wolle das entsprechende Geld nicht abrufen.
Ungarns bisherige Wirtschaftspolitik sei „die erste gewonnene Schlacht im Freiheitskampf“, sagte Matolcsy weiter. Ungarn habe sich in den letzten anderthalb Jahren mit Krediten vom freien Markt finanziert und wolle dies weiter tun. Es sei bisher gelungen, „den Spielraum“ Ungarns „mit unorthodoxen Mitteln wieder herzustellen“. Der Fraktionsvorsitzende der regierenden rechtsnationalen Partei FIDESZ, Janos Lazar, verglich das erhoffte Abkommen mit dem IWF mit einer „Unfallversicherung“.
Experten zufolge beziehen sich Ungarns Erwartungen auf ein so genanntes precautionary agreement, eine der beim IWF üblichen Kreditformen. Dabei würde das Geld nicht automatisch in die ungarische Staatskasse fließen, sondern nur für den Abruf im äußersten Notfall bereitstehen. Ungarische Medien spekulierten, dass Budapest mit einem Kredit von vier Milliarden Euro innerhalb eines precautionary agreement rechne.
IWF-Direktorin Christine Lagarde erklärte: „Das IWF-Team ist derzeit in Budapest und wird nun für Beratungen mit dem IWF-Management und dem Exekutivrat nach Washington zurückkehren“. Die EU-Kommission will das Hilfsgesuch aus Ungarn unter Einbeziehung der EU-Mitgliedsstaaten und des IWF prüfen, teilte die EU-Behörde in Brüssel mit. Kommissionsexperten waren bereits in den vergangenen beiden Wochen in Budapest, um routinemäßig Auswirkungen des ersten Hilfsprogramms für Ungarn zu überprüfen.
IWF und EU hatten zuletzt 2008 mit einem Notkreditpaket von 20 Milliarden Euro Ungarn vor dem Staatsbankrott gerettet. Die letzten Verhandlungen mit dem IWF hatte Ungarn im Sommer 2010 abgebrochen, kurz nach Regierngsantritt der rechtsnationalen FIDESZ unter Ministerpräsident Viktor Orban, der sich die wirtschaftliche „Unabhängigkeit“ des Landes auf die Fahnen geschrieben hatte.