Kampf gegen die Dispo-Falle

Verbraucherschützer setzen sich seit Jahren für niedrigere Zinsen ein. Jetzt schaltet sich die Politik ein.

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Frankfurt. Seit Jahren kämpfen Verbraucherschützer gegen zweistellige Dispozinsen. Die Koalition will Kreditinstitute verpflichten, ihre Kunden bei einem überzogenen Konto zu warnen. Commerzbank-Chef Martin Blessing unterstützt das Vorhaben: „Es gibt günstigere Kredite. Ich finde deshalb ein Gesetz gegen das dauerhafte Nutzen des Dispo-Kredits sinnvoll, quasi eine Dispo-Nutzungsbremse“, forderte er am Wochenende.

Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, Institute zu verpflichten, Kunden mit einem überzogenen Konto zu warnen. Bei längerer Inanspruchnahme des Dispokredites sollen die Berater günstigere Alternativen anbieten.

Die Deutsche Kreditwirtschaft ist nach eigenen Angaben gesprächsbereit. Die Umsetzung eines Warnhinweises müsse für alle Anbieter praktikabel und technisch realisierbar sein. Bereits heute schon würden die Berater in Banken und Sparkassen Kunden ansprechen, wenn sie auffällig lange ihren Dispo in Anspruch nähmen.

Derzeit verlangen die Kreditinstitute in Deutschland nach Angaben der FMH Finanzberatung im Schnitt 10,17 Prozent für Dispokredite und 13,97 Prozent für die darüber hinausgehende geduldete Kontoüberziehung. Allerdings können Verbraucher die extrem hohen Sätze umgehen, denn es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Instituten: Die Spannbreite der Dispozinsen etwa reicht von 5,0 bis 13,74 Prozent, erklärt FMH-Expertin Sigrid Herbst.

Ja. Laut FMH kosteten Dispokredite vor zwei Jahren im Schnitt noch 11,12 Prozent, der Überziehungszins lag seinerzeit bei 15,57 Prozent. Zum Vergleich: Der Leitzins, zu dem sich Banken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen können, rangiert heute bei 0,25 Prozent. Vor zwei Jahren mussten die Institute viermal soviel zahlen.

Die Kreditinstitute argumentieren mit den Kosten und den höheren Risiken. „Für die Bank ist die Bereitstellung eines solchen Dispokredites ziemlich teuer, das liegt an den höheren Kosten für Verwaltung und Ausfall“, sagt Blessing.

Nach einer Umfrage des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) haben 2012 rund 16 Prozent aller Kunden von Geldhäusern in Deutschland einen Dispo- oder Überziehungskredit in Anspruch genommen. Im Schnitt waren sie mit 4383 Euro im Minus. Insgesamt haben Privatpersonen in Deutschland nach aktuellen Zahlen der Bundesbank ihre Konten um 11,86 Milliarden Euro überzogen. Die Tendenz ist allerdings rückläufig. Ende 2008 betrug der negative Saldo noch 17,06 Milliarden Euro.

Bisher sind es vor allem Direktbanken und kleinere Institute. „Großbanken ziehen wohl nicht so schnell nach“, sagt FMH-Expertin Herbst.

Ein Verzicht auf den Überziehungszins ist aus Sicht der Verbraucherzentrale des Bundes richtig. „Es macht keinen Sinn über den Disporahmen hinaus einen Strafzins zu erheben, der bei einigen Instituten im Wucherbereich liegt“, sagt Finanzexpertin Dorothea Mohn. Grundsätzlich fordert die Verbraucherschützerin, dass der Disporahmen zu den finanziellen Verhältnissen des Verbrauchers passen sollte. „Der Kunde muss in den Lage sein, den Dispokredit zurückzuführen“, sagt Mohn.