Karlsruhe billigt Braunkohletagebau Garzweiler II
Höchste Richter wollen kein „Recht auf Heimat“ zugestehen. Mehr Rechtsschutz nur für die Zukunft.
Karlsruhe/Düsseldorf. Die Braunkohleförderung im rheinischen Tagebau Garzweiler II kann mit höchstrichterlichem Segen fortgesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht billigte das seit Jahren heftig umkämpfte Projekt. Die behördliche Genehmigung für das rund 48 Quadratkilometer große Abbaugebiet sei verfassungsgemäß, entschieden die Richter.
Auch die energiepolitischen Grundsatzentscheidungen seien nicht zu beanstanden. Die Energieversorgung habe eine überragende Bedeutung. Es sei zuerst die Entscheidung des Bundes und der Länder, mit welchem Energiemix sie die zuverlässige Versorgung sicherstellen wollten. Geklagt hatten ein Privatmann und der Umweltverband BUND.
Die Richter stärkten aber den Rechtsschutz Betroffener bei Großvorhaben, die mit Umsiedlung und Enteignung verbunden sind. Anwohner müssten bereits gegen die behördliche Zulassung des Vorhabens vorgehen können. Bisher können sie erst klagen, wenn die Bagger praktisch vor der Tür stehen. Für den Tagebau im Rheinland sind bereits ganze Dörfer umgesiedelt worden. Der Energiekonzern RWE, der den Tagebau betreibt, begrüßte die Entscheidung. Das Urteil schaffe Rechtssicherheit und langfristig belastbare Rahmenbedingungen. Derzeit trage die Braunkohle mit rund 25 Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei.
Der unterlegene Kläger Stephan Pütz nannte das Urteil „sehr enttäuschend“. Er hatte 13 Jahre lang über alle Instanzen geklagt, um zu verhindern, dass sein Haus 2017 der Braunkohle weichen muss. Das Verfassungsgericht billigte betroffenen Anwohnern jedoch kein grundrechtlich geschütztes „Recht auf Heimat“ zu. Der BUND hatte mit seiner Klage zwar Erfolg. Bei der Enteignung einer ihm gehörenden Obstwiese sei sein Eigentumsgrundrecht verletzt worden, entschieden die Richter. Konsequenzen hat dies jedoch nicht. Die Wiese war bereits im Jahr 2008 abgebaggert worden.
In der Landesregierung gab es unterschiedliche Reaktionen auf das Urteil. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sagte, das Verfassungsgericht habe „Klarheit und Rechtssicherheit“ geschaffen. Der Tagebau sei „für das Erreichen des Gemeinwohlzieles der sicheren Stromversorgung erforderlich“.
Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) nannte die Entscheidung „bitter für die betroffenen Menschen“. Die 20 bis 30 Jahre alten Planungen für den Braunkohleabbau müssten nachjustiert werden. Alle Energiekonzepte gingen davon aus, dass sich die Verstromung der klimaschädlichen Braunkohle bis 2030 halbieren werde.