Karstadt-Eigner Berggruen sieht Warenhauskette auf gutem Weg
Düsseldorf (dpa) - Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen sieht die 2010 übernommene Warenhauskette auf einem guten Weg. Die Sanierung des damals insolventen Unternehmens sei allerdings „keine Schnellreparatur“, betonte Berggruen in einem Interview der dpa.
Herr Berggruen, wie geht es dem Patienten Karstadt? Der Warenhausriese stürzte vor knapp vier Jahren mit seiner Mutter Arcandor in die Insolvenz. Gerüchte über sinkende Umsätze legen die Vermutung nahe, dass es Karstadt wieder schlechter geht. Ist 2013 für Karstadt ein Entscheidungsjahr?
Berggruen: „Wir haben Karstadt 2010 aus der Insolvenz gekauft. Das Unternehmen war praktisch tot. Heute lebt es. Wir sind erst seit 20 Monaten in der Phase der Implementierung von Andrew Jennings‘ Strategie "Karstadt 2015". Es ist also keine Schnellreparatur. Das Management baut Karstadt komplett um. Es ist völlig normal, dass Umsätze zurückgehen, bevor es dann aufwärts geht. Das habe ich bei all meinen Turnarounds weltweit erlebt.“
Vorstandschef Andrew Jennings hat kürzlich in einem Interview keinen Termin genannt, wann Karstadt die Verlustzone verlassen wird. Dieses Jahr werde noch hart werden, aber dann werde man Land sehen - wenn das Wetter mitspiele. In der gerade erst veröffentlichten Bilanz für 2010/11 stehen unter dem Strich 21 Millionen Euro Verlust. Wie sah die Situation im Jahr 2011/12 aus? Wieviel Zeit geben Sie dem Management, in die Gewinnzone zu kommen?
Berggruen: „Das Management bekommt die Zeit, die es braucht - schließlich muss es 20 Jahre Missmanagement aufarbeiten. Und sehen Sie sich zudem die Situation im Einzelhandel generell an. Alle großen Unternehmen haben Probleme. Deshalb muss die Branche sich wandeln. Mit neuen Konzepten und Ideen. Und die hat unser Management.“
Welche Hoffnungen knüpfen Sie an den Ausbau des Internetgeschäfts? Haben Sie keine Angst, dass, wenn die Kunden online bestellen, sie sich dann nicht mehr vor Ort zu Spontankäufen verführen lassen?
Berggruen: „Das Online-Geschäft wächst und spielt eine immer wichtigere Rolle. Solche Veränderungen sind immer Gefahr und Chance zugleich. Karstadt will die Chancen nutzen — und ja, hier kann sich das Unternehmen noch verbessern.“
Verdi kritisiert, dass mit dem Stellenabbau auch Mitarbeiterinnen auf der Verkaufsfläche verschwinden. Wäre aber nicht gerade die Beratung eine Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben?
Berggruen: „Karstadt hat den geplanten Stellenabbau nahezu abgeschlossen. Wie angekündigt haben wir dies nahezu vollständig sozialverträglich geschafft. Das Ziel war, das Unternehmen auf die richtige Größe zu bringen. Karstadt ist effizienter, die Bürokratie wurde reduziert und das Unternehmen besser organisiert — das gibt Karstadt deutlich mehr Zeit für den Kunden und nicht weniger. Denn wenn man ein insolventes Unternehmen zurück ins Leben führen will, geht das nur, wenn alle — auch die Mitarbeiter — zu Veränderungen bereit sind. Jeder muss sich fragen, was er in seinem Bereich verändern muss. Einfach festzuhalten an dem, was immer schon war, hat unter anderem dazu geführt, dass Karstadt pleite war.“
Wieviele Häuser müssen noch umgebaut werden und woher kommen die Mittel dafür?
Berggruen: „Die Modernisierung eines Einzelhandelsunternehmens ist ein Prozess, der nie enden kann und wird. Karstadt hat bisher 32 Filialen erfolgreich neu eröffnet und bekommt dafür großartiges Feedback von Kunden. Die Investitionen finanziert Karstadt aus seinem Cash Flow und mit der Unterstützung von Geschäftspartnern.“
Was steckt hinter der Trennung in Premium-, Waren- und Sporthäuser? Wollen Sie vorbereitet sein, das Unternehmen zu zerschlagen, sollte sich die Lage verschlechtern? Sie haben das schon mehrfach dementiert, aber Kritiker wollen Ihnen das einfach nicht abkaufen.
Berggruen: „Wie ich bereits mehrfach gesagt habe, ist es nicht meine Absicht, Premium oder Sport zu verkaufen. Ich bin ein langfristiger Investor und wir wollen alle drei Säulen von Karstadt entwickeln und stärken. Es sind drei unterschiedliche Geschäfte — und jedes Segment muss für sich allein stark sein.“
Als Metro 2011 einen neuen Anlauf zum Verkauf der Warenhaustochter Kaufhof nahm, haben Sie Ihren Hut in den Ring geworfen. Besteht Ihr Interesse noch, auch wenn Metro den Kaufhof derzeit nicht aktiv anbietet?
Berggruen: „Ich glaube weiterhin an diese Idee. Eine Zusammenarbeit der beiden Unternehmen würde nach wie vor Sinn machen. Das Marktumfeld ändert sich, also müssen sich auch Unternehmen verändern.“
In der Karstadt-Chefetage dreht sich das Personalkarussell. Könnte nach dem Ausstieg des Finanzvorstandes im November in diesem Jahr für den Vorstandschef die Fahrt zu Ende zu gehen? In der Gerüchteküche wird gemunkelt, Sie denken über personelle Alternativen nach.
Berggruen: „Karstadt-CEO Andrew Jennings macht einen großartigen Job - er arbeitet unheimlich hart. Wir stehen zu 100 Prozent hinter ihm.
Er hat eine schwierige Aufgabe, die er bravourös löst. Er macht Karstadt gemeinsam mit den Mitarbeitern zu dem modernen und kundenorientierten Unternehmen, das es sein soll. Am Ende dieses Jahres werden er und ich gemeinsam entscheiden, wie wir weiter fortfahren.“
Der Abbau von 2000 Arbeitsplätzen war im vergangenen Jahr ein Schock für die Mitarbeiter, bei denen die Angst umging und böse Erinnerungen an Krisenzeiten hochkamen. Müssen Sie nicht befürchten, dass das Denkmal des ritterlichen Berggruen bröckelt?
Berggruen: „Es geht nicht um mich. Es geht um das Unternehmen.
Karstadt muss auf eigenen Füßen stehen können. Die Firma lebt seit 130 Jahren und wird noch viel länger weiterleben. Karstadt ist ein deutscher Schatz — und ich bin glücklich, ihn mitgestalten zu dürfen. Manchmal habe ich den Eindruck, einige - auch Journalisten - wollen diesen Schatz beschädigen. Dabei sollte man ihn pflegen und stolz auf ihn sein.“
Verdi mahnt mehr Investitionen an. Sie sollten Ihre gut gefüllte Privatschatulle öffnen, um Karstadt nach vorn zu bringen. Es wird zwar immer wieder die Summe von einer Milliarde Euro genannt, die Karstadt mit seinen Geschäftspartner bis 2015 investieren wolle. Kritiker meinen aber, der Eigentümer selbst habe letztlich doch nur den symbolischen Kaufpreis von einem Euro in die Warenhauskette gesteckt.
Berggruen: „Karstadt hat genügend Mittel. Die Firma hat keine Schulden. Unser Erfolg ist keine Frage von Kapital und Investments. Es geht um Inhalte, um Ideen. Am wichtigsten sind die handelnden Menschen. Sie machen den Unterschied und sind das eigentliche Kapital.“
Ihr Hobby scheint das Sammeln großer Firmennamen zu sein. Erst der Möbelriese Schieder, dann Karstadt. Danach streckten Sie auch nach Kaufhof und Schlecker ihre Hände aus. Halten Sie weiter Ausschau nach spektakulären Übernahmemöglichkeiten?
Berggruen: „Natürlich beobachten wir den Markt weltweit. Wir halten immer Ausschau und sehen uns ständig interessante Dinge an.“
Im Mai 2012 war für die damals noch 13 500 Beschäftigten der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker Ihr Übernahmeinteresse einer der letzten großen Hoffnungsschimmer. Warum kam es letztlich eigentlich nicht dazu?
Berggruen: „Im Gegensatz zu Karstadt war Schlecker nicht zu retten. Das ist der Unterschied.“