Karstadt-Mitarbeiter müssen länger um Arbeitsplätze bangen
Essen (dpa) - Die Karstadt-Beschäftigten müssen weiter um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze bangen. Die mit Spannung erwarteten Beratungen des Aufsichtsrats über ein Sanierungskonzept, die ursprünglich für diesen Donnerstag vorgesehen waren, sind nach dem Eigentümerwechsel verschoben worden.
Unterdessen macht der jüngste Jahresabschluss deutlich, wie tief der Konzern in der Krise steckt. Erst im Geschäftsjahr 2016/2017 erscheine „erstmals ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit als realistisch“, heißt es in dem in dieser Woche im Bundesanzeiger veröffentlichte Bericht über das Geschäftsjahr 2012/2013. Für das abgelaufene Geschäftsjahr wies das Unternehmen darin einen Jahresfehlbetrag von 131 Millionen Euro aus. Auch für das laufende Geschäftsjahr erwartet Karstadt demnach „einen Verlust in knapp dreistelliger Millionenhöhe“. Der Jahresabschluss wurde allerdings bereits im April verfasst, also vor dem jüngsten Eigentümerwechsel. Er spiegelt damit noch die Planungen der inzwischen ausgeschiedenen früheren Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt wieder.
Der neue Eigentümer, der österreichische Immobilieninvestor René Benko muss sich unterdessen in Geduld üben. Die Aufsichtsratssitzung, auf der ein Sanierungskonzept beraten werden soll, werde erst stattfinden, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme der angeschlagenen Warenhauskette durch Benkos Signa-Gruppe freigegeben habe, hieß es in Essen. Außerdem müssten zuvor auch die Vertreter des früheren Eigentümers Nicolas Berggruen in dem Gremium durch Vertreter Benkos ersetzt werden.
Aufsichtsratschef Stephan Fanderl betonte: „Wir werden die Sanierung der Karstadt Warenhaus GmbH zügig und entschlossen angehen. Aber wir können der Entscheidung der Kartellbehörde nicht vorgreifen.“
Nur wenige Tage nach dem Einstieg Benkos bei Karstadt kam es am Montag auch zu ersten Veränderungen in der Führungsspitze der Warenhauskette. Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz, der Karstadt nach dem überraschenden Weggang von Eva-Lotta Sjöstedt zusammen mit Finanzvorstand Miguel Müllenbach leitete, verlässt den Konzern „in beiderseitigem Einvernehmen“, wie Karstadt mitteilte. Seine Aufgaben würden vorläufig von Müllenbach mitübernommen.
Am Freitag war bekanntgegeben worden, dass der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen die 83 verbliebenen Karstadt-Warenhäuser und die restliche Beteiligung an den Premiumhäusern sowie an den 28 Sporthäusern für einen Euro an Benkos Signa-Holding verkauft. Am gleichen Tag war die Übernahme auch beim Bundeskartellamt angemeldet worden, wie ein Behördensprecher bestätigte. Offiziell hat die Behörde einen Monat Zeit für eine erste Prüfung des Vorhabens. Doch könnte die Entscheidung auch deutlich schneller fallen, wenn die Behörde die Übernahme als unproblematisch einstuft, womit allgemein gerechnet wird.
Benko will die angeschlagene Warenhauskette nach einem Bericht des „Handelsblatts“ innerhalb von ein bis zwei Jahren sanieren. Benkos Rettungsplan sehe vor, anhaltend verlustreiche Karstadt-Häuser zu schließen. Attraktive Standorte sollten in Einkaufsmeilen mit Markenhändlern verwandelt werden. Der Konzern selbst solle saniert werden - mit neuer Organisation und Informationstechnik, hieß es in der Zeitung.
Die Gewerkschaft Verdi warnte Benko allerdings vor übereilten Entscheidungen. „Karstadt hat derzeit andere Probleme als zu viele Häuser“, sagte der Verdi-Vertreter im Karstadt-Aufsichtsrat, Arno Peukes, der „Berliner Zeitung“ (Dienstag). Zuallererst müsse der neue Eigentümer ein vernünftiges Konzept auf den Tisch legen. Der Investitionsbedarf bei Karstadt sei „nicht höher als die Kosten, die durch Schließungen verursacht würden“, sagte Peukes.