Keine rasche Einigung auf neue Griechenland-Hilfe

Brüssel/Athen (dpa) - Die Verhandlungen für ein neues Hilfspaket für Schuldensünder Griechenland sind nach Brüsseler Eindruck noch lange nicht unter Dach und Fach. „Eine mögliche Vereinbarung müsste von den Euro-Finanzministern fertig verhandelt und angenommen werden“.

Das sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel. Das nächste Treffen der Euro-Finanzchefs ist für den 20. Juni angesetzt. In der schwarz-gelben Koalition gibt es große Unruhe wegen möglicher neuer Milliarden-Hilfen für Griechenland: Fraktionspolitiker der Union und FDP warnen davor, dass Athen zu einem Milliarden-Fass ohne Boden werden könnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerät immer mehr unter Druck. Direkt nach ihrer USA-Reise wird sie am Mittwoch den Fraktionen ihr Krisenmanagement erklären müssen.

In Griechenland wächst der Widerstand gegen das harte Sparprogramm der Regierung. Mehr als 100 000 Menschen protestierten am Sonntagabend auf dem zentralen Syntagmaplatz vor dem Parlaments, viele blieben bis zum Morgen. Auch für die kommenden Abende werden Massendemonstrationen erwartet.

Diplomaten verwiesen darauf, dass Athen zunächst die verschärften Bedingungen umsetzen müsse, die Voraussetzung zur Auszahlungen der nächsten Tranche aus dem laufenden Programm im Juli sind. Dazu gehöre die Einrichtung einer unabhängigen Privatisierungsagentur, die Tafelsilber im Wert von rund 50 Milliarden Euro verkaufen soll. Mehr Klarheit werde es von der am Mittwoch erwarteten Ministerratssitzung in Athen geben. EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds hatten Ende vergangener Woche die Auszahlung der neuen Tranche von 12 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Am Freitag soll im Bundestag ein gemeinsameR Antrag von Union und FDP zur Euro-Rettung beschlossen werden. Das Papier ist als Wegweiser für die Beratungen des nächsten EU-Gipfels am 23. und 24. Juni in Brüssel gedacht.

Union und FDP wollen vor allem eine stärkere Beteiligung privater Gläubiger wie Banken durchsetzen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte in Berlin: „Ich halte die Beteiligung des privaten Sektors für sehr wichtig.“ Der Bundeshaushalt dürfe nicht zum „Selbstbedienungsladen anderer Länder“ werden. Die FDP knüpft ihre Zustimmung an harte Auflagen. „Klar ist, dass wir erkennen müssen, dass Griechenland Anstrengungen zeigt. Das ist uns als FDP besonders wichtig und ein Gebot der Vernunft“, sagte FDP-Chef Philipp Rösler der Nachrichtenagentur dpa.

Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch kündigte in der „Mitteldeutschen Zeitung“ an, er werde neuen Hilfen nicht zustimmen. Die Datenlage aus Athen sei eine Zumutung: „Das ist unterirdisch.“

Nach weiteren Angaben von EU-Diplomaten wird auf verschiedenen Ebenen der EU über neue Griechenland-Szenarien gesprochen - dazu gehöre auch die Einbeziehung von Privat-Banken in die Rettung des Krisenstaates.

Im Gespräch ist unter anderem eine freiwillige Laufzeitverlängerung von fälligen griechischen Staatsanleihen, um Athen mehr Luft zu verschaffen. Es wäre das erste Mal, dass in der Eurozone Banken bei der Rettung von Krisenstaaten förmlich in die Pflicht genommen werden. Deutsche Banken sind mit 34 Milliarden Euro in Griechenland engagiert, Nachbar Frankreich mit 56,7 Milliarden.

Falls das neue Paket bis Mitte des Jahrzehnts läuft, sind erheblich höhere Beträge als die bisher genannten rund 60 Milliarden Euro möglich. Laut EU-Diplomaten könnte bei dem neuen Paket der Krisenfonds EFSF zur Rettung kriselnder Eurostaaten einspringen. Der von den Eurostaaten garantierte Rettungsfonds ist bisher bei dem ersten, im vergangenen Jahr vereinbarten Griechenland-Paket von 110 Milliarden Euro nicht mit im Boot, weil es ihn damals noch nicht gab. Bisher hilft der EFSF nur den Ländern Irland und Portugal.

Eine Umschuldung hat EZB-Direktoriumsmitglied Bini Smaghi erneut abgelehnt. Dieser Schritt wäre sowohl für Griechenland als auch für die Kreditgeber sehr teuer, warnte Bini Smaghi erneut. Die Finanzmärkte und die Realwirtschaft in der Eurozone würden stark belastet. Es sei rationaler und auch günstig für die Steuerzahler, die notwendigen Reformen und Privatisierungen in Griechenland durchzuführen. Die EZB signalisierte hingegen, dass sie bei einem Kreditausfall (Default) griechische Anleihen nicht mehr akzeptieren wird. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio lehnte am Montag jedoch eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger nicht grundsätzlich ab.