Klamme Banken hoffen auf Geld aus Euro-Rettungsfonds
München/Frankfurt (dpa) - Marode Banken in den europäischen Krisenländern können sich Hoffnung machen.
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ/Donnerstag) ohne Nennung von Quellen berichtet, prüfen Europäische Zentralbank (EZB) und die Gruppe der Euro-Länder derzeit, wie Banken direkt an Mittel des neuen Euro-Rettungsfonds ESM kommen können.
Damit solle vermieden werden, dass ein ganzes Land den Fonds anzapfen muss, obwohl nur den Banken geholfen werden soll. Deutschland als größter Geldgeber des Rettungsfonds ist strikt gegen diesen Vorschlag. Auch die Bundesbank lehnt direkte Hilfen für notleidende Banken durch die europäischen Rettungsschirme ab.
Grund für die neuen Bemühungen sei die Krise in Spanien, hieß es in dem Bericht. Spanische Banken leiden massiv unter der Immobilienkrise im Land. Es müssen hohe Rücklagen für möglicherweise ausfallende Kredite gebildet werden, die Geldhäuser kommen zudem am Finanzmarkt nur schwer an Geld, weil ihnen misstraut wird. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rief Spanien zu weiteren Reformen im Bankensektor auf. Die größten Geldinstitute erschienen zwar ausreichend kapitalisiert, um einer weiteren Verschlechterung der Konjunktur zu trotzen, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Aber das Finanzsystem insgesamt sei noch zu anfällig.
Die EZB hatte reagiert und den europäischen Banken rund eine Billion Euro für die lange Laufzeit von drei Jahren geliehen. Das Geld kommt aber nur zögerlich in der Wirtschaft an, deshalb werde wieder eine direkte Kreditvergabe des ESM an die Banken in Betracht gezogen, berichtete das Blatt. Derzeit sei eine Arbeitsgruppe der Euro-Länder mit dem Thema befasst.
EZB-Chefökonom Peter Praet lehnte am Donnerstag jeden Kommentar zu dem Bericht ab. Die Notenbank teilte lediglich mit, sie dränge beim Rettungsfonds ESM auf einen Mechanismus, der „komplett ausgestattet ist, um Finanzinstabilität zu bekämpfen“. Allerdings müsse die Mittelvergabe stets an strenge Bedingungen geknüpft sein.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich erst am Wochenende vehement gegen eine direkte Kreditvergabe des ESM an die Banken ausgesprochen. Die bisher vereinbarten Regeln sehen vor, dass nur Länder die Mittel abrufen und dann an notleidende Banken weiterreichen können. Sollte ein Land Geld abrufen, muss die Regierung im Gegenzug ein Spar- und Reformprogramm auflegen. Dies war eine wichtige Voraussetzung für die deutsche Zustimmung zu dem neuen EU-Rettungsfonds.
Unterstützt wird Schäuble auch von der Bundesbank. Vorstand Joachim Nagel hatte kürzlich in einem Interview gesagt: „Direkte Finanzhilfen des EFSF an einzelne Banken würden bedeuten, dass die Haftung für Bilanzrisiken von den spanischen auf alle europäischen Steuerzahler übergeht.“ Für die spanischen Banken sei der spanische Staat verantwortlich. Der müsse die Institute notfalls „rekapitalisieren, restrukturieren oder abwickeln“. Nur wenn das Land die Mittel nicht aufbringen könne, könne es ein EFSF-Hilfsprogramm beantragen, das dann aber an Bedingungen geknüpft sei.
Um derartige Krisen künftig zu vermeiden, hat die EZB am Donnerstag eine gemeinsame Bankenaufsicht mit Durchgriffsrecht für den gesamten Euroraum gefordert. „Wir müssen sicherstellen, dass der Finanz- und insbesondere der Bankensektor auf europäischer Ebene überwacht und reguliert wird“, sagte EZB-Vizepräsident Vitor Constancio in Frankfurt. Das unkontrollierte Verhalten in einigen nationalen Bankenmärkten habe zu Ungleichgewichten geführt und die Staatsschuldenkrise mitverschuldet.
Zwar wurden zuletzt schon mehrere europäische Kontrollbehörden ins Leben gerufen, um Schieflagen und Risiken im Finanzsystem rechtzeitig erkennen und frühzeitig gegensteuern zu können. Dazu gehört auch die Europäische Aufsichtsbehörde für Banken (EBA/European Banking Authority) mit Sitz in London. Die tägliche Aufsicht über einzelne Institute und nationale Märkte haben aber weiter die nationalen Aufsichtsbehörden. Deshalb seien die Antworten auf die Finanzkrise auch größtenteils auf nationaler Ebene getroffen worden, sagte Nadia Calvino von der Europäischen Kommission. Was national vernünftig sei, könne dem Euroraum insgesamt aber schaden.