Konkurrenz bedrängt Warentester

Seit 50 Jahren im Einsatz für Transparenz im Sinne des Verbrauchers. Doch der einstige Ruf ist angekratzt.

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Berlin. Kaum ein Produkt für Haushalt und Freizeit wurde noch nicht von der Stiftung Warentest untersucht. Sogar Schreckschusswaffen, Sexualtonika und aufblasbare Schlitten durchliefen ihre Prüfprogramme. Im Dezember 1964 wurde sie auf der Grundlage eines Bundestagsbeschlusses ins Leben gerufen. Die goldenen Zeiten sind im 50. Jahr seit Gründung der Stiftung aber vorbei. Denn im Internet ist eine Menge Konkurrenz entstanden. Und Kritik an der Arbeit der Tester wird lauter als früher geäußert.

„Ein echter Anschlag“ auf sein Unternehmen sei das Qualitätsurteil „mangelhaft“ für eine Nussschokolade seines Hauses gewesen, sagt zum Beispiel der Chef des Herstellers, Alfred Ritter. In dem Fall geht es darum, ob ein Vanille-Aroma tatsächlich eines natürlichen Ursprungs ist, wie auf der Verpackung angegeben. Die angeblich falsche Deklaration hatte zu der schlechten Note geführt. Vor Gericht hat zunächst Ritter Recht bekommen, die Stiftung Warentest ist dagegen allerdings in die Berufung gegangen.

Stiftungsvorstand Hubertus Primus weist darauf hin, dass solche Prozesse die Ausnahme sind. Nach wie vor gebe es keinen einzigen Fall, in dem die Stiftung wegen einer Testbeurteilung Schadenersatz habe zahlen müssen. Die Prüfstandards hätten sich bewährt, die Zusammenarbeit mit Laboren im In- und Ausland auch.

Dennoch begehrten zuletzt Unternehmen gegen schlechte Beurteilung auf. So zweifelte die Spielwarenindustrie Ende 2013 die Messergebnisse einer Untersuchung von Holzspielzeug an. Ein Jahr zuvor hatte es Ärger um Spuren von Mineralöl in Schokolade aus Adventskalendern gegeben. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hielt das Gesundheitsrisiko für nicht so groß wie die Stiftung Warentest.

Das Beispiel zeigt eine Schwierigkeit der gemeinnützigen Organisation. Sie muss einerseits seriös und glaubwürdig auftreten, zugleich aber auch Eigenwerbung mit manch spektakulärem Testergebnis betreiben.

Denn ihre Magazine „Test“ und „Finanztest“ steuern mehr als zwei Drittel ihrer Einnahmen bei. Seit Jahren sinken ihre Auflagen, auf zuletzt 455 000 „Test“-Exemplare und 229 000 „Finanztest“-Hefte. Im Jahr nach der Wiedervereinigung hatte die Stiftung noch fast eine Million Exemplare der Zeitschrift „Test“ verkauft.

So rutschte die Stiftung 2012 in die roten Zahlen. Im vergangenen Jahr stand unter dem Strich wieder ein Überschuss von einer Million Euro — dank einer kräftigeren Finanzspritze aus dem Stiftungskapital und weil das Geschäft im Internet allmählich in Schwung kommt. Dies auszubauen, ist das wichtigste Vorhaben von Primus, der seit Anfang 2012 an der Spitze der Stiftung steht.

Dazu gehört, die Zahl der Produktfinder zu erhöhen. Das sind Datenbanken zum Beispiel für Matratzen, Waschmaschinen, Fernseher, Tablets und elektrische Zahnbürsten, die laufend aktualisiert werden. So will sich die Stiftung gegen die vielen Internet-Portale behaupten, die Prüfberichte, Kundenbewertungen und Preisvergleiche veröffentlichen. Diese tun das anders als die Stiftung kostenfrei, ihre Testkriterien sind aber oft unklar und die Bewertungen der Käufer subjektiv.

Bei allem Wandel in 50 Jahren wollen die Warentester an einem festhalten: Die altmodischen Schulnoten für Produkte und Dienstleistungen von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ werden bleiben. Es gebe keinen Anlass, das Bewährte „über den Haufen zu werfen“, sagt Primus.