Konsum bleibt Wachstumsmotor in Deutschland

Wiesbaden/Brüssel (dpa) - Die Konjunktur in Deutschland und im Euroraum bleibt trotz der Abkühlung der Weltwirtschaft auf Kurs.

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Getrieben von Ausgaben des Staates für Flüchtlinge und der Konsumlust der Verbraucher stieg das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland (BIP) im vierten Quartal 2015 um 0,3 Prozent und damit genauso stark wie von Juli bis September, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden nach vorläufigen Berechnungen mitteilte.

Im Euroraum legte die Wirtschaft nach ersten Schätzungen der europäischen Statistikbehörde Eurostat ebenfalls um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu.

Volkswirte sehen für Deutschland und den Euroraum insgesamt auch in diesem Jahr Chancen für ein robustes Wachstum. Die Risiken sind aus ihrer Sicht allerdings wegen der Schwäche der Weltkonjunktur und den Turbulenzen an den Börsen gewachsen. „In jedem Fall ist mit den jüngsten Finanzmarktturbulenzen das Risiko einer konjunkturellen Verlangsamung gestiegen“, erklärten Ökonomen der BayernLB mit Blick auf dem Euroraum.

Im Gesamtjahr 2015 legte die deutsche Wirtschaft um 1,7 Prozent zu. „Die konjunkturelle Lage in Deutschland war damit im Jahr 2015 durch ein solides und stetiges Wirtschaftswachstum gekennzeichnet“, erklärte das Statistische Bundesamt. Für dieses Jahr rechnen viele Volkswirte mit einem ähnlichen Plus. Stütze dürfte dabei weiter der Konsum bleiben - ob staatlich oder privat.

Von Oktober bis Dezember 2015 erhöhte der Staat seine Konsumausgaben deutlich - unter anderem, weil er für die Versorgung und Integration Hunderttausender Flüchtlinge viel Geld in die Hand nehmen muss. Viele Volkswirte werten die Zuwanderung von Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan als Konjunkturprogramm - auch mit Blick auf 2016.

Auch die Konsumfreude der Verbraucher kurbelte das Wachstum an. Die Inflation ist vor allem wegen des Ölpreisverfalls niedrig, das entlastet die Budgets der Verbraucher. Zwar erhöhten sich die Ausgaben der Verbraucher nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende nur leicht. Das sei aber wohl nur eine Pause nach dem kräftigen Zuwachs im dritten Quartal, erläuterte Unicredit-Ökonom Andreas Rees. Schwankungen auf Quartalsbasis seien nicht ungewöhnlich.

Die Unternehmen investierten mehr als im dritten Quartal - vor allem in Bauten. Dabei spielte nach Einschätzung von Ökonomen auch der milde Winter eine Rolle.

Gebremst wurde das Wachstum nach vorläufigen Berechnungen der Wiesbadener Behörde dagegen vom Außenhandel, auch wenn Deutschlands Exportunternehmen im Gesamtjahr einen Rekord hingelegt hatten. Zum Jahresende gingen jedoch weniger Waren ins Ausland als im Vorquartal. Der Rückgang der Einfuhren fiel dagegen weniger stark aus. „Die Welthandel stagniert, in den Schwellenländern herrscht vielerorts Krisenstimmung - da ist es gut, auf eine stabile Binnenwirtschaft blicken zu können“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe.

Zwischen den Euro-Ländern gab es deutliche Unterschiede. Deutschland lag mit 0,3 Prozent im Mittelfeld. Die größten Wachstumsraten wiesen Estland und die Slowakei auf.

In Griechenland schrumpfte die Wirtschaft dagegen das zweite Quartal in Folge. Das Mittelmeerland, das noch immer mit den Folgen der Schuldenkrise kämpft, rutschte damit erneut in die Rezession. In Finnland ging die Wirtschaftsleistung leicht zurück.

Dennoch wertete KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner die Zahlen positiv: „Im Jahr 2015 sind erstmalig seit 2007 wieder fast alle Volkswirtschaften im Euroraum gewachsen.“ Das trage zur Stärkung eines geeinten Europas bei.

Stabil zeigte sich das Wachstum in Spanien mit einem Plus von 0,8 Prozent. Ein weiteres europäisches Sorgenkind konnte sich leicht verbessern. In Portugal wuchs die Wirtschaft im Schlussquartal 2015 um 0,2 Prozent, während sie in drei Monaten davor noch stagniert hatte. Zwischen der EU-Kommission und der neuen Links-Regierung in Lissabon hatte es zuletzt vor allem Uneinigkeit über den Haushalt gegeben. Im Durchschnitt aller 28 EU-Länder lag das Wachstum im Schlussquartal wie in der Eurozone bei 0,3 Prozent.