Kontrolle für alle: EU will Geldmarktfonds überwachen
Brüssel/Berlin (dpa) - Als Lehre aus der Finanzkrise will die EU nun auch einen Graubereich des Finanzmarktes unter Kontrolle bringen: Die Geldmarktfonds. Solche alternative Kapitalgeber sollen nach einem Vorschlag der EU-Kommission künftig wie Banken bestimmten Kapitalregeln unterliegen.
Die Fonds sollen Kapitalpuffer vorhalten, damit sie bei möglichen Panikverkäufen der Anleger nicht ins Wanken geraten und damit den übrigen Finanzsektor in Schieflage bringen. Leicht zu verkaufende Vermögenswerte müssten sie künftig horten, so dass sie keine übermäßigen Risiken mehr eingehen können. „Kein Akteur am Finanzmarkt darf ohne Kontrolle bleiben“, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel.
Die EU-Vorschläge sollen auch beim G20-Gipfel am Donnerstag und Freitag in St. Petersburg erörtert werden. Allerdings bleiben die EU-Pläne hinter den Empfehlungen internationaler Bankenaufseher wie etwa dem Finanzstabilitätsrat (FSB) der G20-Länder zurück. Deutschland und Frankreich pochen daher auf strengere Auflagen für sogenannte Schattenbanken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits vor einem Gesichtsverlust der Top-Wirtschaftsmächte (G20) gewarnt. In einem Brief verlangten die Finanzminister beider Länder, Wolfgang Schäuble und Pierre Moscovici, von Barnier härtere Regeln. Ein Sprecher des Finanzministeriums kritisierte die EU-Pläne am Mittwoch in Berlin daher als unzureichend.
Damit die Pläne in der EU Gesetzeskraft erhalten, ist die Zustimmung von Europaparlament und EU-Staaten nötig. Dies dürfte ein bis zwei Jahre dauern.
Der Bereich der Schattenbanken wächst nach EU-Angaben rasant. Der Sektor der Geldmarktfonds, Hedgefonds und Vermögensverwalter ohne Banklizenz wird global auf 51 Billionen Euro geschätzt, das entspricht mehr als der Hälfte aller Bankaktiva. Solche Unternehmen bieten Finanzdienstleistungen an, ohne eine Banklizenz zu besitzen - und fallen daher nicht unter die Aufsicht von Bankaufsehern.
In Europa sind Geldmarktfonds vor allem in Frankreich, Irland und Luxemburg angesiedelt. Sie spielen eine wichtige Rolle für die Wirtschaft, weil insbesondere Banken sich von diesen Fonds Kapital besorgen.
Die Kritiker sehen Lücken: EU-Kommissar Barnier schlägt etwa nicht vor, Geldmarktfonds, die Investoren einen festen Rückkaufswert für ihre Anteil versprechen, ganz aus dem Verkehr zu ziehen. Für diese Fonds verlangt Barnier nur einen Eigenkapitalpuffer von drei Prozent. „Ich führe keinen Krieg gegen diese Fonds“, betonte der EU-Kommissar mit dem Verweis auf deren wichtige Funktion im Finanzsystem.
Die Beteiligungen von regulären Geldhäusern an Schattenbanken will die EU-Kommission nur besser überwachen; konkrete Regeln fehlen.
Die Branche wehrt sich: Kreditinstitute warnen, dass die Pläne der EU-Kommission das Aus für Teile der Branche bedeuten könnten. Der Bankenverband BdB betonte, das Ziel dürfe nicht sein, durch neue Regeln Geschäfte zu unterbinden. Bei einer Bankentagung in Frankfurt sagte Unicredit-Chef Federico Ghizzoni: „Wir sollten den Schattenbankensektor nicht dämonisieren.“ Es sei aber nicht akzeptabel, dass Schattenbanken nicht reguliert werden.
Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret gab auf dieser Tagung zu bedenken: „Anders als der Name es andeutet ist das Schattenbankensystem nicht völlig unreguliert oder per se schlecht.“ Er forderte, dass gefasste Beschlüsse dann auch rasch international und konsistent umgesetzt würden.
Den Sparkassen gehen die Regeln dagegen nicht weit genug. „Die Vorschläge zur Regulierung von Teilen des Schattenbanksektors sind völlig unzureichend“, kritisierte Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).